Ruth Feile

Wie nimmt man ein ganzes Viertel mit?

Ruth Feile ist Mit-Initiatorin des Stadtteil-Fests Ois Giasing (https://www.instagram.com/ois_giasing/) und Vorstand des Vereins Wir in Giesing e.V. (https://wir-in-giesing.de/). Hier bringt sie jedes Jahr im September Anwohner:innen, Gewerbetreibende, Kreative, Musiker:innen und Gastronomie zusammen auf die Straße für ein partizipatives, offenes und fröhliches Miteinander auf den Straßen Giesings.

Zudem ist die gelernte Steinmetzin freiberufliche Kinderbuch-Illustratorin und -Autorin (https://ruthfeile.de/) und unterstützt mit der Stiftung Kulturator (https://kulturator.de/) gemeinnützige Projekte bei der Umsetzung.

Da sie schon so lange im kreativen und Veranstaltungs-Bereich in München unterwegs ist, wollte ich gerne von ihr wissen, wie es ihr gelingt, ihre kreativen Projekte auf die Straße zu kriegen und v.a. was sie sich generell bei der Umsetzung wünschen würde, wie sich Dinge vielleicht erleichtern lassen würden.

Mehr über Ruth erfahrt ihr auf https://www.instagram.com/fraufeile/.

 

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Herzlich willkommen zum Podcast auf eigenen Beinen. Ich bin Julia Krivachy und arbeite als systemische Coach mit GründerInnen und Teams zusammen und organisiere freiberuflich Kultur- und Kommunikationsveranstaltungen. In meinem Podcast befrage ich Menschen, die ihre eigene Idee zum Leben erweckt haben und auf eigene Beine gestellt haben. 

Ich möchte von ihnen wissen, wie sie es geschafft haben, ihr Projekt über die Jahre wachsen zu lassen. Ebenso interessiert es mich, wie sie mit Widerständen, Rückschlägen oder Hindernissen umgehen. Heute zu Gast ist Ruth Feile. 

Ruth Feile durfte ich letztes Jahr bei meinem ersten eigenen Projekt der Mental Health Awareness Week im Impact Hub kennenlernen. Also herzlich willkommen, Ruth. Ich freue mich total, dass du heute dabei bist im Podcast „Auf eigenen Beinen“.

Ich stelle mal kurz Ruth vor. Ruth Feile ist Illustratorin, gelernte Steinmetzin, Du machst bei der Kulturator Stiftung alles Organisatorische. Also du hilfst allen Projekten bei ihren Zahlen, Abrechnungen, Verwendungsnachweis, Anträgen. Und du hast aber auch dein eigenes Festival auf die Beine gestellt, das Ois Giasing, was jetzt dann im September in München stattfindet.

Genau, und auf die Beine gestellt ist nicht ganz richtig. Ich habe es übernommen von Real München, ein Kultursupportverein, ein Verein für Kulturförderung international oder für kulturelle Diversität. Und die haben das 2017 erfunden und 2018 ein zweites Mal durchgeführt.

Und wir haben es 2019, wir haben einen Verein gegründet, um das zu übernehmen. Wir in Giesing e.V. und haben das 2019 dann übernommen und durchgeführt.

Aber also seit fünf Jahren machst du es eigentlich du. Und was ich schon bewundernswert finde, weil im Podcast geht es ja auch so ein bisschen darum, Leuten Mut zu machen, ihr eigenes Ding zu machen. Also was ich an dir mag, ist neben deiner total entspannten, freundlichen Art, die einen nie aus der Ruhe bringen lässt, finde ich auch so dein Mut.

Weißt du, dass du dann halt auch sagst, du warst jetzt nicht mehr 21 und sagst: Hey, mir gehört die Welt, sondern du hast ja schon ein ganzes Leben mit Kindern und Jobs, dass du dann so ein großes Festival übernimmst und wirklich weiter treibst. Also das finde ich schon beeindruckend.

Wahrscheinlich einfach ein bisschen reingewachsen. Das war eigentlich größer, als wir es übernommen haben.

Da waren wir erst mal mehrere. Das hat sich dann über Corona ja anders entwickelt und am Schluss bin ich halt mehr oder minder übrig geblieben als Vereinsvorstand. Jetzt, also seit letztem Jahr, wird es wieder größer und wächst wieder zusammen.

Auch in der Organisation sind mehr Beteiligte.

Genau, macht auch mehr Spaß zusammen. Ja, Mut eigentlich nicht. Eigentlich Lust, was zu machen. Ein Fehlen von Angst, das ist manchmal super und manchmal ist es sehr unvernünftig. In dem Fall, ja, ist es super.

Ich finde, es braucht ja auch immer einfach mal die Lust und dann die Gedanken kommen später. Aber man braucht ja einfach mal. Genau, also oftmal muss man einfach machen.

Ja, und vielleicht noch für die Leute, die jetzt Ois Giasing nicht kennen und auch die Kulturatorstiftung nicht kennen, magst du noch mal kurz erzählen, was Ois Giasing eigentlich ist, für alle, die noch nie da waren?

Also Ois Giasing ist ein Stadtteilfestival, was gegründet wurde unter der Überschrift „Giesing feiert seine Vielfalt“. Und das war mit Beteiligung von Real München, das ist eben ein Kulturförderverein, die sehr dafür kämpfen oder sich engagieren, dass die gesamte Bandbreite der Münchner Bevölkerung auch auf den Bühnen steht, auch im Publikum ist, bei Kulturveranstaltungen und dass es nicht nur Hochkultur gibt, sondern dass auf Kultur auch gepflegt werden und angeboten werden muss.

Und das Grundkonzept ist, man schaut, was gibt es im Stadtteil und wie kann man die Leute motivieren, sich zu präsentieren und was zu machen und den Mut zu haben, was auf die Beine zu stellen. Und wie kann man auch die AnwohnerInnen motivieren, auf die Straße zu gehen und zu sagen, ach Mensch, bei dem schaue ich jetzt mal in den Hinterhof oder da gibt es ein Konzert, klingt interessant oder hier gibt es eine Lesung. Und so ist es entstanden, gewachsen, das ist auch mehr ein Prozess als eine Veranstaltung.

Jetzt wächst es gerade so nach Untergiesing. Das bewegt sich sehr und es ist sehr vielfältig. Es gibt immer ein paar zentrale Bühnen, wo wir auch dafür sorgen, dass mit unserem Booking weniger vertretene Gruppen sichtbar werden.

Und das kann in der Musikrichtung was Seltenes sein oder es können kulturelle Ecken sein, die einfach nicht so präsent sind auf den Bühnen. Wir schauen immer sehr darauf, dass viele Frauen vertreten sind oder alle Gender eine Möglichkeit bekommen, sich da aufzutreten. Genau und so wechselt das Programm jedes Jahr und entwickelt sich und auch die Orte ändern sich.

Also manche Kneipen schließen, andere entstehen. Es ist ein ganz lebendiges Miteinander.

Aber hört sich auch total schön an, weil er so erstmal super partizipativ ist, dass du alle Leute hier vor Ort mitnimmst, ob sie hier wohnen, arbeiten, was eigenes anbieten.

Und ich war ja letztes Jahr zum ersten Mal da. Ich habe ja nicht in Giesing gewohnt und war total beeindruckt. Ich dachte, Wahnsinn, wie groß es ist, wie voll es ist, aber auch fand ich es so herzlich und miteinander.

Also ich finde, manchmal sind so Stadtteile mir fast zu viel, weil zu viele Menschen. Ich fand es total herzlich und eben weil auch so viel Kreatives angeboten war. Das war total schön.

Genau, das kommt einfach dadurch zustande, dass nicht wir für jemanden was veranstalten, sondern wir ertüchtigen die Leute, indem wir die Anmeldungen übernehmen, Behörden Kommunikation, auch die Finanzierung im übergeordneten Sinne, also Bandgagen, Security und Grafik, dass sie selbst was machen. Also es sind ganz viele Einzelpersönlichkeiten, die das Viertel beleben und das macht so charmant. Es ist nicht ein Veranstalter, der sagt, wir machen jetzt da das und dort was anderes, sondern es sind die Menschen selber, die hier leben und das ist so bunt und vergnüglich.

Und dann spürt man das auch. Ja, dann spürt man das halt auch. Ja, finde ich aber auch schön, weil dann kommt es nicht so von oben herab.

Also letztes Jahr war ja zum Beispiel auch immer bei Rock im Park die Diskussion, dass glaube ich nur zwei Frauen oder zwei Prozent Frauen waren. Wenn du sagst, hier kommen alle zu Wort und auf die Bühne, hat es ja auch was, finde ich, so auch Ermächtigendes für alle.

Absolut.

Jeder bekommt seinen Raum. Schön, schönes Konzept. Und wenn du jetzt sagst, du ertüchtigst die Leute, das alles auf die Beine zu stellen, weil du dich eben auch um Finanzierung kümmerst, um Genehmigung.

Was gehört denn da so alles dazu? Also wenn man jetzt sagt, man will in München, in einem Stadtteil was machen, was braucht man denn da alles?

Also zuerst mal braucht man Leute, die das gerne möchten, die auch manchmal unvernünftig sind und die immer sehr viel Energie in ein Projekt stecken wollen, weil sie begeistert sind.

Und wenn man ein paar Leute hat, bräuchte man als nächstes ein Konzept und dazu passend eben die Finanzen. Das ist immer der mühsamste Teil. Das ist tatsächlich so, also wenn ich von 100 Prozent Energieaufwand sind 60 Prozent Finanzierung.

Schon krass eigentlich. Und schade, denn da geht auch wirklich viel verloren.

Wir haben noch keine Lösung. Ich würde mir wahnsinnig wünschen, dass es dann eine politische Lösung gibt, dass es Töpfe gibt, auf die man sich unbürokratisch bewerben könnte vom Stadtrat. Aber im Augenblick wird an allen Enden gespart. Ich glaube, es ist ein schlechtes Jahr, um sowas anzuregen.

Aber das würden wir uns sehr wünschen.

Was ich schon wichtig finde, gestern hat es ja auch der Johannes bei der Preisverleihung von der Kulturator Stiftung gesagt. Eigentlich sind kreative Menschen, die wollen ja was machen, die haben viel Energie.

Aber du hast mir ja selber auch gesagt, du bist eigentlich schon sehr zahlenaffin. Also du hättest sicher Mathe studiert, hättest du studiert. Wenn selbst jemanden wie dich das so ermüdet, die Finanzierung zu klären, wie läuft es jetzt und wie wäre es denn ideal?

Wir haben ja ein Projekt zusammen gemacht und ich persönlich fand es auch sehr ermüdend, dieses ganze Antragswesen. Excel-Listen, Bescheinigungen und so weiter. Wie könnte sowas denn funktionieren?

Oder hast du schon mal Projekte gemacht, wo es leichter funktioniert hat, wo man sich viel leichter um Töpfe bewerben kann?

Das Frustrierende ist eigentlich, dass wir mit dem Ois Giasing schon einen maximalen Support bekommen. Wir haben einen tollen BA, der uns unterstützt, die das Stadtteilbudget verwalten und die uns sehr unterstützen.

Bei verschiedenen Projekten, wir haben auch noch eine Konzertreihe, die parallel laufen. Wir werden wahnsinnig unterstützt vom Kulturreferat. Es sind auch teilweise relativ hohe Summen für einen einzelnen Verein und ein einzelnes Projekt.

Aber es reicht trotzdem nicht, weil Kultur einfach kostet, weil man den Künstlern faire Gagen zahlen möchte, die immer noch winzig sind für das, was sie leisten müssen. Die müssen ja ihre ganzen Vorbereitungszeiten, das wird alles nicht entlohnt und oft kommen die dann zu vier, zu fünft und bekommen dann, weiß ich nicht, also übersichtliche Summe. Es ist wirklich nicht beeindruckend.

Zum Reichwerden ist es nicht. Und trotzdem für so ein Off-Kultur-Festival relativ gut bezahlt und trotzdem reicht es hinten und vorne nicht. Wir haben private Sponsoren, wir haben ein Crowdfunding jetzt dieses Jahr gestartet.

Ein Fördertopf, wo man immer das Gefühl hat, der hätte eigentlich das richtige Volumen, wären diese Bundesförderungen, die es gibt vom Musikfonds und Initiative Musik. Aber da ist es auch so, dass die heillos überbucht sind. Die kriegen immer ein Vielfaches an Anträgen und können dann von 400 Anträgen vielleicht 50 werden, weil einfach das Geldvolumen nicht reicht.

Ich finde das immer so schade, weil in meiner Idealwelt wäre Kultur viel wichtiger. Also in meiner Traumwelt wäre Kultur genauso wichtig wie generell Geld, Finanzen, Versicherung. Und ich frage mich immer, weil ich denke halt immer, wir haben das jetzt auch gehört, wenn KI immer mehr kommt, ich glaube, es braucht halt eigentlich mehr Erlebnisse für Menschen, dass wieder so dieses Menschliche kommt.

Ich frage mich halt immer, was müsste eigentlich passieren, dass einfach mehr Geld in diesen Töpfen ist und dass die leichter zugänglich sind und die Leute mehr davon wissen. Es müsste doch eigentlich irgendwie gehen, Ruth.

Ja, ich hoffe immer, dass jemand, der da geschickter ist, vor allem auch politisch, sich Gedanken darüber macht.

Denn es funktioniert ja auch, riesige Konzerte mit extra Stadien zu bauen, zu finanzieren. Und da zahlen die Menschen auch viel Geld. Ich glaube aber, dass die Veranstalter am Schluss da durchaus mit Plus rausgehen.

Vielleicht könnte man aus solchen Veranstaltungen eine Solidaritätsabgabe für kleine Kulturveranstaltungen abzweigen. Ich habe keine Idee. Also ich weiß auch nicht, wie Stadtpolitik genau funktioniert.

Ich kann nur in meinem kleinen Umfeld agieren. Dann bräuchte es aber tatsächlich einfach eine große Lösung. Ich bin kein Taktiker, kein Politiker.

Aber ich finde eigentlich sowas auch gerade wichtig, gerade auch in einer Stadt wie München. Ich finde, München ist eh sehr teuer und es gibt immer weniger kostenfreie oder kostengünstige Angebote. Und ich finde, es gehört aber halt auch zu einer Stadt dazu, dass eben alle die Möglichkeit haben, irgendwo mitzumachen, sich zu zeigen oder einfach hinzugeben. 

Das finde ich schon eine spannende Frage.

Das war uns halt sehr wichtig, dass wir Kultur, also auch auf Kultur auf die Beine stellen, die kostenlos wahrzunehmen ist. Und wo man nicht irgendwie 30, 40, 80 Euro für ein Ticket zahlt oder 600.

Aber das ist natürlich, das hat halt den Nachteil, dass man dann auch einfach Schwierigkeiten hat, sich zu finanzieren. Also wir sind definitiv angewiesen auf Fördergelder. Nur mit Sponsorengeldern funktioniert es auch nicht, weil dann steht die Festivalfläche voller Werbepromo-Teams und Promopavillons.

Das will man ja auch nicht. Ja, will man auch nicht, verstehe ich. Es ist halt auch immer so dieser Balance.

Ich finde gerade in Giesing, dass man halt jetzt nicht verkauft oder die Seele verkauft, selbst wenn es coole Unternehmen sind, sondern trotzdem halt noch so für alle da ist.

Wir haben jetzt so eine Zwischenlösung, dass die Gastronomen eben sehr viel investieren. Das sind ja diejenigen, die wirtschaftlich profitieren von so einem Festival und die bespielen ihre Spielorte, ihre Bühnen einfach selbst und zahlen die Gagen selbst.

Und dadurch ist es auf der Fläche etwas günstiger geworden. Aber wenn man wünschen möchte, welche Musikrichtung oder welche speziellen Künstler auftreten sollen, dann muss man die natürlich auch einfach bezahlen können. Und es ist einfach ein enormer Overhead-Aufwand.

Also es sind einfach viele Kosten, die völlig unabhängig von den Künstlern auflaufen. Also auch gerade du jetzt im Hintergrund, oder? Also ich meine, jetzt ist ja, also werden wir das Interview aufnehmen, ist jetzt gerade Anfang August.

Das Festival ist am Anfang September, aber du bist ja schon seit einem halben Jahr mindestens dabei. Du sagst doch immer nach, ein Festival ist vor dem Festival.

So ist es ja, obwohl ich kostentechnisch sehr neutral bin. Also ich koste nichts.

Du bist ehrenamtlich.

Genau, das ist mein Engagement.

Ich mache, also wir fangen zu dritt ab Januar an mit Förderanträgen. Das läuft dann so bis März. Dann kommen die ersten Ergebnisse, dann kommen die Nachanträge für die abgelehnten Anträge.

Dann kommt die gesamte Organisation, also der Aufruf an die Mitmacher, die sehr mühsam auch die Grafikkoordination, das im Programmheft dann alles drinsteht. Und im Zusammenhang mit der Sicherheit und Hygiene und KVR-Auflagen dann eben sehr viel Organisatorisches außenrum. Und dann ist das Festival im Anfang September.

Dann holt man zwei Wochen Luft und dann kommt die Abrechnung und der Verwendungsnachweis. Auch unangenehm. Das ist dann sehr, also auf jeden Fall sehr umfangreich.

Das letzte Jahr hatte ich einen PDF mit 280 Seiten. Gut, dass du immer so eine angenehme, ruhige Art hast und dich da nicht aus der Ruhe bringen lässt. Ja, manchmal zu ruhig.

Ich habe, glaube ich, letztes Jahr zweimal um Verlängerung gebeten bei den Abgabenfristen, weil natürlich immer alles zusammenkommt. Zum Jahreswechsel dann der Verwendungsnachweis abgegeben werden muss. Das ist dann natürlich zum Jahreswechsel nicht das Einzige, was man machen muss. 

Und sag mal, gut, weil du vorher so gesagt hast, die ersten Anträge gehen raus, dann kommen die ersten Absagen, dann kommen die Nachanträge. Wie gehst du auch mit so, sag ich mal, Frustrationen oder Rückschlägen um? Weil es hört sich ja schon so an, als wäre es jetzt nicht so eine g’mahde Wies‘m, wo du am Anfang rausgehst und sagst, keine Ahnung, ich bekomme 100.000, sondern dass du halt jeden Topf einzeln suchst und hoffentlich auch findest. Aber es ist ja schon eher, das hört sich so ein bisschen nach Eichhörnchen an. Ich sammle hier so ein Nüsschen und dort ein Nüsschen. Am Ende hoffe ich, ich habe einen Sack zusammen.

 

Aber du weißt das ja eigentlich gar nicht.

Nee, genau.

Das ist jeden Januar wieder neu gemischte Karten. Nein, also ist es so, dass es schwierig ist, immer die gleichen Fördertöpfe anzugraben.

Warum geht es nicht?

Weil es, also das kann ich jetzt auch nicht bis ins Detail darstellen, aber es gibt verschiedene Arten der Förderung und da gibt es Projektförderung und institutionelle Förderungen. Und wenn Dinge immer wieder gefördert werden, dann laufen sie Gefahr, dass sie wirken wie eine institutionelle Förderung.

Dafür sind sie einfach nicht, also wir sind keine Institution in dem Sinne, sondern wir sind ein Projekt. Und deshalb muss man da eben auch einfach immer ein bisschen schauen.

Ich finde es auch der Fairness halber sinnvoll, immer mal jemand anderen anzufragen. Das war dieses Jahr eben der Versuch, dass man über die Initiative Musik einen großen Batzen beantragt, damit man in den kommunalen Fördertöpfen Raum schafft für andere Projekte, vor allem weil die kommunalen Kassen relativ knapp gehalten werden müssen. Aber das kann eben auch ins Auge gehen.

Und wenn man dann die Absage spät bekommt und dann doch die kommunalen Kassen fragen muss und die dann aber natürlich andere Projekte schon unterstützen, dann kommt man absolut weniger dabei raus, als man sich erhofft hat. Das war jetzt dieses Jahr die Situation. Die Situation ist jedes Jahr aufs Neue wirklich herausfordernd, weil man eben kreativ sein muss und weil man eben eine relativ hohe Summe zusammenbringen musste.

Also es bleibt immer spannend und deswegen auch Crowdfunding. Also da packe ich auf jeden Fall den Link auch rein, weil das läuft dann ja noch zum Festival. Ich habe auch schon gespendet, weil ich finde, also möchte ich auch mal sagen, ich finde, Ruth ist für mich so integer und so korrekt. Sie kann man nur unterstützen bei dem, was sie macht.

Dankeschön. Wirklich?

Ja, und aber Ruth, wie geht denn ihr im Team um? Also wenn du sagst, ihr seid jetzt zu dritt.

Wir sind in verschiedenen Bereichen jeweils mehrere.

Das Antragsteam ist zu dritt. Ich bin, ich mische überall.

Du bist überall.

Seid ihr eigentlich ein Verein oder seid ihr einfach, wie seid ihr offiziell strukturiert?

Genau, wir sind ein eingetragener Verein. Also wenn man spenden möchte, kann man das bei mir im Giesing e.V. auch direkt tun. Dann kriegt man auch eine Spendenquittung für alles über 300 Euro. Wir haben uns eben gegründet so als Nachfolger. Der Anlass war tatsächlich die Übernahme des Festivals von dem ursprünglichen Verein Real München, die das erfunden haben.

Und weil wir nicht wollten, dass es ausstirbt, haben wir eben diesen Verein wie in Giesing gegründet. Und das sollte aber nicht das Einzige sein, was wir machen. Das war nur der Anlass und der Auslöser.

Und das war 2019 im Januar und dann war 2019 das erste Festival. Genau. Und ich bin inzwischen, da hat es ein paar Wechsel gegeben.

Ich bin inzwischen im Vorstand. Und dann gibt es auch zwei weitere Vorstände. Da sind Gastronomen dabei, Anwohner, ganz gemischt.

Und wir haben verschiedene Arbeitsgruppen. Also da gibt es eine Antragsgruppe, das sind Leute aus dem Musikverlagswesen, die da einfach fachlich super sind, die auch die Kontakte haben für die Bookings. Mit denen zusammen wir die Anträge schreiben.

Das ist so eine Dreiergruppe, Vierergruppe mit mir. Und dann gibt es so eine Organisationsgruppe. Da sind ein paar Gastronomen dabei, die einfach erfahren sind im Organisieren von Straßenfesten und die Kalkulationen, also die finanzielle Berechnung und die Abrechnung und die Behördenkommunikation, das mache alles ich.

Und das machst du dann alleine oder hast du dann noch Support?

Da kann man nicht so wirklich unterstützen. Also ich halte schon Rücksprache, wenn es um Preise geht.

Aber wir haben jetzt inzwischen so viele Festivals veranstaltet unter so vielen verschiedenen Bedingungen. Wir hatten das auch während Corona umgewandelt in ein Stretch-Festival. Also es wurden die vielen, vielen Konzerte an einem Tag aufeinander gezogen.

Ganz viele Konzerte hintereinander weg, freitags mit Zugangsbeschränkungen, also mit wenigen Leuten, aber ganz viele Konzerte. Und dann hatten wir verschiedene Spielorte. Am Schluss hatten wir dann auch 60 Bands über den Sommer. Und ja, also das war die Corona-Adaption.

Also seid ihr auch erfinderisch geworden, auch wenn es von außen heran schwierig war, habt ihr einfach eine Lösung gefunden.

Genau.

Cool.

Wir hatten auch ein Winterprogramm geplant, also mit einem Weihnachtsmarkt und musikalisch mit den Musikverlagen, die es gibt, Echokammer und Trikont in Giesing. Und das ging auch nicht, weil die Weihnachtsmärkte auch abgesagt wurden oder die Auflagen so exklusiv waren, dass man das hätte einzäunen müssen.

Das passt nicht zu unserem Format. Und dann haben wir eine einzige Weihnachtsmarkthütte vor der Post am Tegernseer Platz aufgestellt.

Cool.

Und da war jeden Tag ein anderer Aussteller drin und zum Teil mit Musik und mit Mitmachaktionen.

Ganz toll. Aber dann habt ihr den Leuten ja auch total Hoffnung gemacht, weil also damals habe ich ja noch in Neuhausen gewohnt.

Bei uns war ja gar nichts. Ich fand es total traurig, weil ich war davor in der Schweiz. Da hat alles, also 2021 zumindest, hat alles normal stattgefunden in der Schweiz und hier war nichts.

Ich kam dann nach Hause und dachte mir so, ist das trist? Es war wirklich so trist und dann noch so grau, regnerisch, nicht mal richtiger Winter.

Ja, genau.

Aber cool, dass ihr dann so ein Zeichen gesetzt habt.

Wir haben unglaublich nettes Feedback bekommen für dieses Hütchen. Es war ganz überbordend dekoriert und beleuchtet und es ist wahnsinnig gut angenommen worden.

Und ja, auch bei den Verkäufern, weil die natürlich auch keine Möglichkeit hatten, ihre Sachen aufzustellen. Das wurde dann von Jahr zu Jahr immer ein bisschen weniger, weil die Leute dann, ich weiß nicht, man hat sich so reingewöhnt zu Hause bleiben. Aber genau, also im letzten Jahr haben wir es jetzt nicht mehr gemacht.

Aber gut, da gab es ja dann sonst wieder viel drumherum. Es gibt ja normale Weihnachtsmärkte und so. Genau, genau.

Aber ich will noch was sagen. Ich finde es eigentlich schon wieder interessant, dass jetzt jemand wie du, also ein kleiner Verein aus einem Stadtteil kommen muss, um was Gutes zu machen. Also weißt du, wie cool das ist, aber auch wie schade in diesem ganzen reglementierten Verfahren, dass da nicht von der Stadt auch mal eine Idee kommt oder irgendwas ausgelobt oder unterstützt wird.

So wäre ja auch eine gute Idee gewesen.

Ja, ich glaube, die waren sehr ausgelastet mit der Verwaltung von dem ganzen Wahnsinn. Ich muss sagen, wir sind sehr unterstützt worden.

Also alle Ideen, ich liebe Problemlösungen bei uns. Und hatte natürlich spontan sehr viele Ideen. Und ich habe immer beim KVR angerufen und gesagt, können wir denn sowas machen?

Naja, es ist schwierig. Zugangsbeschränkungen oder Abstandsregelungen und das war meistens das Problem. Aber wir haben auch ganz viele Anregungen bekommen und wir haben auch vom Kulturreferat Unterstützung bekommen.

Also die hätten uns da sehr unterstützt. Ideen musste man selber mitbringen.

 Ja, aber cool, vielleicht auch gut, dass du halt schon das System kennst.

Weil ich finde immer, wenn man so am Anfang steht und sich überlegt, wie kann ich denn was auf die Beine stellen? Weißt du ja gar nicht, wo du auch anrufst oder wen du anrufst. Und dann stellst du ja relativ schnell fest, okay, ich brauche einen Verein oder irgendwas Gemeinnütziges.

 Sonst kriege ich auch gar nichts. Also ist natürlich cool, dass du jetzt schon jahrelang da quasi so drin bist.

Und wenn das jetzt heute wäre, dann würde ich Stiftung Kulturator empfehlen.

Also vielleicht lösen wir auch mal kurz auf, was Stiftung Kulturator ist. Weil wir haben uns schon dreimal darüber besprochen. Magst du es mal kurz erzählen als Mitarbeiterin von der Stiftung Kulturator?

Genau, ich bin seit einem anderthalb Jahren bei der Stiftung Kulturator angestellt als Back-Office-Kraft. Das ist ein ganz tolles Konzept, was gegründet wurde, um Privatpersonen, die sich gemeinnützig engagieren, zu ertüchtigen, Sachen, gute Projekte zu machen und das unter einem gemeinnützigen Dach. Also sie, wie sage ich, also Privatpersonen gemeinnützig zu machen.

Genau, also wenn man halt Fördergelder braucht, weil sonst bekommt man keine Förderungen, wenn man als Ruth oder Julia hingeht, ist es immer schwierig, Gelder zu bekommen. Genau, also das hat verschiedene Vorteile. Man kann Fördergelder beantragen, man kann Spendenquittungen ausstellen, man kann Sachspendenquittungen ausstellen, wenn man kostenlose Leistungen bekommt.

Man hat Rechtsberatung und man hat vor allem auch Support bei bürokratischen Vorgängen, also beim Banking. Stimmt. Buchhaltung.

Und man kriegt Ruths geballtes Wissen aus vielen Jahren Erfahrung. Das hat mir damals sehr geholfen. Ich durfte ja auch ein Projekt mit euch machen, fand ich wirklich gut.

Es ist tatsächlich, also wenn man sehr viele Förderanträge geschrieben und sehr viele Verwendungsnachweise abgegeben hat, dann hat man einfach ein gewisses Erfahrungswissen. Und das ist oft hilfreich. Ich habe auch so eine Routine bei den Abläufen.

Ich bin sehr entspannt. Also das ist wahrscheinlich auch einfach für jemand, der das zum ersten Mal macht, dann ein bisschen beruhigend zu wissen, da ruft jemand an und sagt, bitte weisen Sie die Kosten nach. Das schockiert manche, mich nicht mehr.

Ja, ja, das ist cool. Das ist wirklich gut. Ja, das ist schön.

 Ja, und um jetzt mal so den Bogen zu spannen, Ruth, was würdest du denn? Also ich finde, du hast schon ganz viel gesagt, so von wegen man braucht Freude, Spaß, einfach Lust. Aber vielleicht noch eine Frage, wie hast du das denn jetzt auch so durchgehalten die ganzen Jahre?

Gab es da mal Momente, wo du frustriert warst? Vielleicht auch in Corona? Oder hat das direkt immer bei dir umgeswitcht?

Und so, hey, wir haben hier neue Probleme, wie lösen wir die? Also wie bist du jetzt so mit diesen ganzen Wellen in den letzten Jahren umgegangen?

Ja, da habe ich wahrscheinlich einfach Glück.

Ich habe, also ich bin schwer zu frustrieren, muss man wirklich sagen. Dauert lange. So ein bisschen gekämpft habe ich dann irgendwann.

Ich glaube, wir haben 17 Hygienekonzepte geschrieben, insgesamt 20, 21. Also beim 17. habe ich schon ein Hygienekonzept-Tourette entwickelt.

Also das war nicht mehr schön. Aber das war jetzt auch übersichtlich vom Volumen, also geht schnell vorbei. Nee, mir macht das wahnsinnig Spaß und ich kriege wahnsinnig nettes Feedback, vor allem auch beim Festival jetzt im letzten Jahr, wo es zum ersten Mal nach Corona im großen Stil stattgefunden hat.

Das ist so eine irre Begeisterung gewesen. Und für die Größe des Festivals tatsächlich auch wahnsinnig wenig Beschwerden. Man rechnet ja damit, dass wenn ein ganzer Stadtteil tobt und feiert, dass es dann auch Leute gibt, denen es auf die Nerven geht.

Und wir hatten tatsächlich eine Beschwerde.

 

Und ihr habt ja 15.000 Besucherinnen und Besucher ungefähr.

Geschätzt, ja.

Schon viel. Ja, es verteilt sich ja auch im Stadtteil, aber es ist wirklich an jedem Spot immer richtig gut besucht, richtig was los. Schöne Stimmung, ja.

Okay, also sagen wir mal so Hygienekonzepte. Aber ansonsten also auch dieses ganze Antragswesen, Finanzierung. Da gehst du einfach durch oder du machst dann das Nächste.

Ich habe schon meine Tiefs. Das ist immer so. Frag mich im Oktober noch mal.

Nein, mach ich nicht, aber ja, mach ich.

Ja, also das ist einfach diese heiße Phase, bis das Festival ist. Es ist wahnsinnig anstrengend.

Und wenn dann hinterher noch die Abregung kommt, dann wünscht man sich eigentlich, dass das nicht nötig wäre. Aber das ist natürlich nicht vermeidbar. Wenn es am Schluss dann alles läuft und man kriegt es zügig hin und im nächsten Jahr gehen dann die Förderungen hindurch, dann macht es so einen Spaß, wenn man sieht, was man ausrichten kann.

Dann ja, nee, das ist dann, das motiviert mich dann. Ich habe eine Freundin hier in der Straße, die immer sagt, ich muss sie bei jedem Projekt, wo ich zustimme, vorher anrufen. Weil sie immer Angst hat, dass ich zu viele Sachen gleichzeitig mache.

 

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