Moritz Pongratz

Wie bleibt man ein freies Radikal?

In der zweiten Episode teilt Moritz Pongratz seine Erfahrungen aus über neun Jahren Selbständigkeit.

Moritz Pongratz ist Experimental Designer, Creative Technologist, KI Experte, programmiert nebenbei KI-basierte interaktive Kunstwerke und ist als Freelancer für Agenturen aus dem Bereich Kommunikation im Raum und UX tätig.

Zu Beginn meiner Selbstständigkeit durfte ich ihn ask-me-anything-mäßig alles über Versicherungen, Abrechnung etc. fragen – und darüber hinaus wollte ich ihm in diesem Podcast gerne mehr Platz für seine Arbeit geben.

 

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Julia: Willkommen zur zweiten Folge vom Podcast auf eigenen Beinen. Mein Name ist Julia Krivachy und ich interviewe Leute, die im Kreativ- und Kulturbereich etwas eigenes auf die Beine gestellt haben. Ich freue mich sehr, dass heute Moritz Pongratz zu Gast ist. Er ist Designer, Erfinder und ihr werdet gleich mehr hören, was er alles macht.

Am besten springen wir gleich direkt hinein. Also erst mal Moritz, Was machst du eigentlich für Leute, die dich nicht kennen? Was machst du? Seit wann bist du selbstständig? Das wäre so die erste Frage.

Moritz: Was mache ich denn eigentlich? Also ich bin mir da selbst gar nicht mal richtig so sicher, ehrlich gesagt, was ich genau mache. Ich tue mir auch wahnsinnig schwer, mich da einzugrenzen, weil wenn dann Sachen kommen, die ich nicht mache und ich vielleicht machen möchte, werde ich die nicht kriegen, weil ich ja immer sage, ich mache nur das. Da habe ich schnell gemerkt, dass ich mich am liebsten eigentlich gar nicht genau sagen möchte, was ich mache.

Also klar, Kreativbereich, Designbereich, Kundenkommunikation, interaktive Sachen. Da gibt es einen neuen Beruf, der nennt sich Creative Technologist – also, dass ich viel mit Technologie arbeite und Kommunikation immer mit Technologie denke, auf irgendeine Art und Weise. Da kam ich so ein bisschen drauf, weil ich einfach auch viel für Automotive in meiner Zeit gemacht habe.

Um mal Deine Frage zu beantworten: Wenn man mich fragt: Was machst du denn eigentlich? versuche ich immer nicht zu antworten, weil sonst Sachen an mir vorbeigehen, die ich vielleicht doch gerne machen musste würde und von denen ich nichts wusste.

Und ich möchte, dass mir die Entscheidung jemand abnimmt, was ich mache oder nicht mache. Deswegen werde ich auch sehr gerne gefragt: Hey, kannst du so was, machst du so was? Und ich würde sagen: Zu 90 % sage ich sage ich auch immer Ja. Ja, weil es dann Herausforderungen sind.

Deswegen kann und möchte ich vielleicht die erste Frage gar nicht mal so richtig beantworten. Also ich mache gern cooles Zeug. Ja, wenn das hilft. Also das ist schon mal, glaube ich für mich eine große Motivation. Vorher vor Geld und anderen Dingen. Cooles Zeug, Sachen, die, die funktionieren, Die, die gedacht sind, die kein Müll sind und noch mehr.

Ich habe den letztens was in einer Doku gehört – das war so ein Film über dieses Blackberry Handy. Also so ein Hollywoodfilm, der diese Blackberry Story erzählt hat und davon, dass diese Firma komplett viel Mist gebaut hat, um dann komplett unterzugehen und nie wieder da zu sein, obwohl sie einmal der größte Handyhersteller war. Hintergrund, warum die so ein geiles Gerät hatten am Anfang, weil der Chef gesagt hat: Qualität ist das Wichtigste und er möchte nicht zum Rauschen in dieser Welt hinzufügen, er möchte nicht noch mehr Blödsinn haben, mehr Rauschen, mehr Billigprodukte und sonst irgendwas.

Deswegen war das erste Blackberry ein Qualitätsprodukt. Die haben dann irgendwann den Fehler gemacht, es dann in China zu produzieren. Da kam so ein Plastikshit zurück, der irgendwie geklappert und gerauscht. Und das ist so, es hat mich so wahnsinnig beeindruckt. Aber das habe ich gemerkt.

Julia: Okay, cool. Es ist, finde ich, auch als Antwort ganz schön, dass man in seiner Arbeit nichts mehr dem Rauschen hinzufügen möchte.

Moritz: Du, ich mache auch ganz viel Bullshit. Ich mache das für Automotive. Also zum einen so einen Messestand von fünf Jahren, das war das reinste Rauschen, diese Dinger, haben aber auch ihre Berechtigung natürlich. Aber wenn man mich jetzt fragen würde, würde ich sagen, manche Dinge könnte man anders denken. Und eben als Freiberufler und Selbstständiger kann ich das zwar immer noch nicht 100%ig, weil ich muss ja auch Geld verdienen, aber ich kann mehr selektieren und vielleicht meine Kunden und Auftraggeber auch ein bisschen mehr in so eine Richtung bringen. Warum ich etwas so machen möchte, wie ich es mache.

Julia: Das klingt jetzt ein bisschen wie “Ich weiß, dass ich nichts weiß“ – Ich will nichts dem Rauschen und Rauschen hinzufügen. Richtig schön. Moritz. Eigentlich gibt es viel zu viel Rauschen auf der Welt.

Also dann sage ich mal, woher ich dich kenne und warum ich dich frage. Weil Leute, die sich jetzt nicht in der Branche auskennen, verstehen das vielleicht gar nicht mehr. Also ich kann nicht als Designer vom KMS Team. Und Du bist seit 9 Jahren selbständig.

Und seitdem bist du ja einerseits Freelancer Designer, andererseits hast du auch wahnsinnig viel eigene Sachen gemacht, oder? Also was ich dann von außen betrachtet, ohne dich jetzt näher zu kennen, immer ganz cool fand. Und dann warst Du auch in der ADC Jury, hast mir dann aber auch erzählt, dass du damit aufgehört hast, weil du es gar nicht mehr so spannend fand.

Moritz: Also aufgehört würde ich jetzt so nicht sagen. Ich hab mich selber nicht mehr darum gekümmert. Das ist ja so, der ADC ist ein Branchenverband, viele tolle Designer und Kreative und auch Geschäftsführer von irgendwelchen Agenturen oder großen Konzernen sind da mit drin.

Ich habe da nur irgendwann gemerkt, ich müsste mich, um dann auch eine Berechtigung zu haben, in der Jury zu sitzen und für diesen Verein zu sprechen, auch mehr mich involvieren. Ich bin aber kein Vereinstyp. Das klingt ganz komisch, aber ich komme auch vom Dorf und war auch mal im Tennis- und Fußballverein. Halt so klassische Vereins-Sachen. Ich finde so was toll, aber ich tue mir immer schwer, das so jede Woche zu machen.

Ich mache Dinge gern nach Interesse, wenn sie meinen Beruf betreffen. Der ADC ist ein toller Laden und ich war da drei, viermal in der Jury am Anfang und seit fünf, sechs Jahren habe ich mich auch gar nicht mehr wirklich beworben und auch nicht mehr richtig integriert. Deswegen, wenn ich mich jetzt praktisch in der Jury bewerben würde, würde ich gar nicht reinkommen, weil die mich gar nicht mehr kennen.

Julia: Lustig, weil so ein Titel, den ich immer im Kopf hatte für dich, war: Wie bleibt man so ein freies Radikal? Weil ich das Gefühl habe, eigentlich wollen die Leute immer was mit mir machen. Aber ich habe das Gefühl, du lässt dich nicht so richtig vereinnahmen. Also irgendwie ist mein Eindruck, du willst auch mal frei bleiben und dein eigenes Ding machen.

Und wie du vielleicht vorher sagtest, dass auch wenn du Automotive Objekte machst, um Geld zu verdienen, willst auch deine eigenen Sachen weiterentwickeln. Ich will nicht sagen, im Verborgenen, weil so verborgen ist es nicht, aber Du machst es dann einfach so und dann kommt irgendwann ein geiler Shit an die Welt, so wie Deine Kunstausstellung, wo du einfach jahrelang selber für dich was entwickelt hast ohne dass dir jemand das gesagt hat.

Moritz: Das kam, ja genau, das kam so ein bisschen aus eigenem Antrieb heraus, dass ich halt, wenn ich Sachen gut finde, mich damit beschäftige. Und ich liebe Design und mache gerne Design. Und ein Hobby von mir ist Technologie und es geht immer schon zusammen. Also das ist, ich weiß es gar nicht.

Mein alter Professor hat mal gesagt: Designer ist eine Lebenseinstellung. Es ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber ich weiß, was er damit gemeint hat. Also ich kenne Designer, die gehen abends um 18:00 nach Hause und dann sind sie keine Designer mehr – das ist auch völlig in Ordnung und ich beneide so was ehrlich gesagt auch ein bisschen. Aber bei mir ist es halt leider kein Beruf. Also ich mache das, was ich machen möchte und es wurde zu meinem Beruf. Das ist auch so ein bisschen blöd. Wenn man sein eigenes Hobby zum Beruf macht, dann hat man nichts mehr. Aber daher kam das so ein bisschen eben dieser Antrieb, neue Sachen zu sehen, auch mal Sachen auszuprobieren.

Und ich hab halt in der Zeit, was du auch vor meintest, da haben wir uns ja kennengelernt. Ich habe diese Zeit da geliebt, also war ich habe da bei jedem Projekt irgendwie versucht mitzumischen als junger Praktikant und Juniordesigner und da war einfach so viel. Es war ein Riesenspielplatz und ich durfte auch noch da bleiben, wenn alle gegangen sind.

Was ich meine, das war aber freiwillig. Das ist halt dieses dieses Leben damals gewesen ist, weil jeder war freiwillig da, war so eine Crew irgendwie und dann habe ich irgendwann aber gemerkt: Okay, wir haben trotzdem bei so einem Konzeptprojekt oder bei einem Museum oder bei einem Messestand nicht arg viel Zeit, wirklich Neues, Neues, weil um Neues zu machen.

Um Neues zu machen, musst du auch neue Sachen ausprobieren, die noch keiner ausprobiert hat. Und ich habe dann relativ schnell, nach vier, fünf Jahren gemerkt, dass wir eigentlich auch nicht nur, aber viel auch immer so iterieren und sagen: Das ist cool und das ist cool und dann bauen wir das irgendwie zusammen und jeder hat irgendwie die Idee im Kopf, auf irgendeine Art und Weise. Und ich habe lange gezehrt von Arbeiten, die ich im Studium gemacht habe. Ich habe lange gezehrt, von irgendwelchen Festivals, die ich mitgemacht habe, wo ich Sachen gesehen habe, und habe einfach gemerkt: Okay, ich nehm‘ und nehm‘ aus dem Kreativbereich und ich gebe irgendwie gar nicht so viel zurück, weil jetzt so ein Messestand ist ja nicht für die Kunstszene oder die Designszene, sondern es ist ja eine Markenkommunikation für diesen Konzern und dessen Kunden.

Da stehe ich dann immer so außen vor dem und denk: Also ich hab‘ gar kein Auto – und das war so der Hintergrund. Dann habe ich auch so ein Beispiel: Bei Google war das eine lange Zeit so dass Google gesagt hat, die Mitarbeiter können 20 % ihrer Arbeitszeit eigene Projekte entwickeln, wo sie denken, die bringen den Konzern weiter aus diesen. Bei Google zum Beispiel ist daraus Gmail entstanden. Also Gmail war eine Idee von einem Dude, der gesagt hat: Hey, wir haben eh schon so viele Server oder irgendwie in die Richtung, ich kenn die Geschichte nicht ganz genau, aber das war zum Beispiel eines der der coolsten Sachen und ich bin damals zu meinen Chefs gegangen und hab gesagt: Okay, das müssen wir auch machen.

Den ganzen Freitag entwickeln wir Sachen, die die Agentur weiterbringen und die haben dann gesagt: Nö, können wir nicht, haben wir nicht. Und ich hab‘ das damals natürlich schon verstanden, warum das nicht geht. Aber es war für mich so ein bisschen: Okay, wenn es hier nicht geht, geht es nirgends. Also wenn es in diese Agentur nicht kann, die an sich schon relativ frei und kreativ denkt, dann geht es bei der erst recht nicht und bei keiner anderen auch nicht. Und das ist jetzt kein Diss gegen Agenturen, aber die haben halt einfach ein Tagesgeschäft, die müssen Umsatz machen, die haben ein gewisses Budget. Man muss die Kunden auch nicht immer überrennen mit krassen Ideen, sondern vielleicht will da auch mal nur was ordentliches sauber gemacht bekommen.

Und da hab‘ ich gemerkt, hier könnte ich jetzt alt werden, aber da wollte ich nicht alt werden und da musste ich einfach kündigen, um einfach mal so ein bisschen zu merken: Was möchte ich denn jetzt machen? Und dann fing es so ein bisschen an, dass ich halt so Sachen, die mich immer interessiert haben, damals zu dem Zeitpunkt schon immer KI, habe ich mich halt mal nächtelang hingesetzt und aus eigenem Antrieb heraus gelernt, wie KI funktioniert und Papers gelesen und andere neue Technologien. Hab dann so kleine Sachen gebastelt, hab irgendwelche Videos veröffentlicht und dadurch kam ich dann auch wieder über Kontakte, die ich eh schon hatte wieder an Positionen, wo ich hab gefragt wurde: Ach du kannst so was, das muss ich für uns machen.

Und es ist irgendwie so aus dem Antrieb heraus passiert, dass ich neue Sachen machen wollte. Und ich versteh meine alten Chefs total, dass die sagen: Nee, können wir nicht machen. Also wenn wir jetzt jeden Mitarbeiter ein Tag frei geben für irgendwelche Sachen, da kann schon mal irgendwann in paar Jahren mal was bei einem passieren. Aber die größten, die meisten haben auch gar nicht diesen Anspruch oder wollen das vielleicht auch gar nicht. Und das ist in einem Agenturumfeld kann das nicht richtig funktionieren auf diese Art und Weise. Man kann Praktikanten immer mal wieder so ein bisschen forschen, aber am Ende des Tages, wenn eine Messe vor der Tür steht, weißt du es ja, das ist, dann gibt es eine Prio und die Prio ist immer auf Messe.

Julia: Ja, da ist hab auch keine Zeit auszuweichen und was anderes zu machen.

Moritz: Genau, und da hab ich halt gemerkt, okay, wenn ich was ändern will, muss ich das halt alleine machen und hab es erst mal angefangen. Das läuft irgendwie. Ich bin mir auch total unsicher, warum das so ist. Ich kann jetzt auch kein Buch schreiben, wie man erfolgreich Akquise oder so sowas macht. Das kam jetzt alles immer so, ich fühle mich auch sehr glücklich. Also ich bin da in einer sehr, sehr glücklichen Position, dass da immer noch Leute auf mich zukommen, die so was wollen, ja irgendwo gesehen haben oder von mir gehört haben.

Julia: Aber schon spannend, wie du das dann für dich selber schaffst – mal Jobs zum Geld verdienen machen, aber dir trotzdem die Zeit nimmst einfach dein Ding zu machen. Also ich meine, es wirkt ja von außen so leicht und mit Spaß verbunden. Und jedes Mal, wenn wir uns dann wieder hören, hast Du irgendwas Neues gerade am Start oder du bist woanders. Also es hört sich immer so von außen schon nach Spaß an, so dass du einfach dein Ding machst und einfach nur im Flow bist und guckst, was passiert. Und dabei aber trotzdem dir selber treu bleibst und deine Ideen halt einfach weiter bringst, ohne zu wissen, was draus wird.

Moritz: Also das muss man sich auch so ein bisschen erarbeiten und dadurch habe ich halt auch Nachteile auf irgendeine Art und Weise. Also ich bin sehr ungebunden und ich muss ungebunden sein, um eben diese Freiheit zu haben. Wenn ich jetzt sage, ich muss jetzt Geld verdienen, dann ist das erstmal primär nur für mich auf irgendeine Art und Weise. Und das haben ja auch jetzt durch Corona viele Agenturen und Kunden gelernt, dass Remote Arbeit auch sehr gut funktionieren kann, wenn man es ordentlich macht oder gut plant. Und deswegen bin ich gerade in Valencia. Kann man gar nicht auf eine Sache runterbrechen, warum das so ist. Es kam jetzt irgendwie so und ja, ich fühle mich, fühle mich irgendwie ganz gesegnet damit.

Julia: Ich finde es auch voll schön, wenn man halt so lebendig bleibt. Weißt du, ich finde manchmal ist es auch so, Du fängst an zu arbeiten, und nach 5 bis 10 Jahren denkst: war’s das jetzt? Ich habe das Gefühl, du hast es immer gefühlt, wenn es für dich nicht mehr so das Richtige war. Ohne jetzt auch jemanden böse zu sein, weil ich finde, das ist schon auch eine Kunst, aus einer coolen Agentur zu gehen. Die haben dich ja auch geliebt. Und dann trotzdem irgendwie im Guten zu bleiben und weiter Projekte zu machen und vielleicht auch in dieser ganzen Agenturwelt von außen betrachtet trotzdem mit allen gut zu sein, ohne jemand jetzt auf die Füße zu treten.

Moritz: Manchmal muss ich auch Sachen ignorieren. Ich kann niemandem jetzt irgendwie nacharbeiten, oder ich kann jetzt nicht eine Agentur über eine andere stellen. Das scheitert sonst super schnell. Ich habe inzwischen auch viele andere Agenturen. Das ist das, was ich vorher meinte, dass ich jetzt eben durch diesen klassischen Kommunikation im Raum Bereich, den ich halt vor sechs, sieben Jahren auf der Agenturseite hatte, bis in meine Freelancerzeit mit rein geschleift habe. Also bei mir ist es ja immer so, ich mache nie das gesamte Projekt, ich mache entweder eine Konzeption oder ich unterstütze das Team bei der Konzeptionsfindung und dann der Visualisierung, um den Pitch oder das Konzept zu gewinnen. Und dann bin ich meistens raus.

Das mag ich auch ganz gerne, weil zwischen Fertigmachen und Konzipieren sind einfach Riesenwelten. Und ich habe immer so das Gefühl, wenn ich weiß, dass ich der bin, der das fertigmachen muss, macht man es sich auch so ein bisschen einfacher, dann macht man jetzt nicht so einen fancy Messestand aus 20 Plexiglasplatten, die irgendwie gefräst sind mit Licht-LEDs. Also schwierig zu sagen, aber ich habe so das Gefühl, wenn ich weiß, ich muss es auch umsetzen über ein Jahr hinweg, dann fängt man schon in der Konzeption an, Sachen weniger komplex zu bauen, habe ich manchmal das Gefühl.

Julia: Ja, plus wie du sagst Wenn du frei und ungebunden bist, willst Du vielleicht auch nicht ein Jahr einen Messestand bauen, sondern ein bisschen lieber konzipieren. Und die Idee geil machen.

Moritz: Also ich beneide Menschen, die so was können und gerne machen. Also es gibt klar, diese Messestände müssen ja auch alle irgendwie entwickelt werden, dann hinten raus und Konzept heißt ja noch nicht, dass es wirklich am Ende so wirkt.

Es ist ja vielleicht eher meine Richtung und die kann sich ja auch im Prozess irgendwie durch andere Kommunikation vom Auftraggeber irgendwie ändern. Auf der einen Seite beneide ich das, weil ich habe auch Bekannte in meinem Freelancer Bereich, die halt einfach zwei Projekte die nächsten zwei Jahre lang machen, bei denen sie die nächsten zwei Jahre einfach sauber, super safe gebucht und die wissen, was sie haben werden. Die brauchen keine neuen Kunden. Da ruft halt nicht irgendjemand nachts an und ist total aufgeregt, sondern die haben jetzt ihre stetige Arbeit.

Ja, bei mir ist es halt eben so, auf der einen Seite würde ich wahrscheinlich nach einem Jahr durchdrehen, wenn ich das gleiche Projekt machen würde. Das ist leider so eine Eigenschaft von mir, wo ich dann die Konzentration auch irgendwann mal verliere, wenn nichts neues kommt. Aber auf anderen Seite beneide ich die so ein bisschen, weil das bringt auch viel Ruhe rein. Und so wie ich arbeite und so wie ich Konzepte mach, ist da nicht viel Ruhe drin.

Julia: Dafür hast Du halt diese Freiheit und Ungebundenheit, so wie du redest, kann ich mir jetzt auch nicht vorstellen, dass du ein Jahr oder zwei Jahre im Voraus verplant bist. Es nimmt ja vielleicht auch dieses Ausprobieren und eben nicht wissen, was kommt. Es gibt ja auch so eine gewisse Freiheit, einfach was Neues zu machen.

Moritz: Ja gut, ich bin ja noch super krass jung deswegen.

Julia: Du bist ja erst 23.

Moritz: So ungefähr, ja, gefühlt 23. Ich bin nicht so genau. Das kann ich auch noch. Und wenn ich dann irgendwann, mit Mitte 50, mach ich dann vielleicht mal einen Messestand fertig. Ich weiß es nicht, so zur Rente? Ich weiß es nicht. Der Messestand ist jetzt eher so ein Platzhalter für ein Großprojekt, ich mache gar nicht mal immer nur Messestände. Die habe ich lange gerne gemacht und auch sehr viele tolle Leute dabei kennengelernt. Sonst wäre ich jetzt auch hier in dieser Position nicht.

Also diese Position ist ja keine, aber sonst würde man mich nicht irgendwo kennen und ich hätte coole Kontakte mit Architekten, mit den Dienstleistern, Agenturen oder auch auf Kundenseite irgendwie geknüpft, aber dann halt das Vertrauen irgendwie da ist.

Es hilft einfach und da war halt die Agenturzeit unbezahlbar für mich. Ich bereue diese Zeit überhaupt gar nicht. Ich habe da so viel von guten Leuten gelernt. Ich mein, das ist dann was. Du hockst da irgendwie in so einer Reihe mit 20 Leuten und da hinten hockt einer, der kann eine Sache unglaublich gut. Und wenn du dann mit dem einfach da gehst, halt rüber und hockt sich so 20 Minuten neben denen, lässt du das erklären, Das hast du. So viel Wissen kann man über Internet und YouTube Tutorials gar nicht verteilen. Das ist einfach das Plus.

Julia: Ich fand dann auch die Kollegen und das Miteinander einfach wahnsinnig lustig. Also früher wollte ich immer so einen seriösen Job, weiß nicht, in einer internationalen Organisation und dann laufen die alle in so Kostüm rum und sind alle so ernst und es dauert alles so lange. Mir kommt halt vor, die Agenturwelt ist auch schneller und es werden halt schneller Entscheidungen getroffen.

Moritz: Ja, ja, das stimmt schon. Was ich meinte, mit Homeoffice und von überall aus arbeiten. Das funktioniert bei Umsetzung und es funktioniert, wenn mir Projekte rüber geworfen werden. Aber was es nicht mehr gibt, also klassische Kreativmeetings, wo früher in einem Raum zehn Leute standen und ganz viele Pappen und Bilder sind und man redet einfach mal drei Stunden. Es funktioniert online nicht. Also ich verstehe manche Agenturen, die sagen, wir wollen das vor Ort haben, kreativ mitmachen oder gewisse Arbeitsprozesse, vor allem in der Konzeption.

Julia: Plus ich finde auch, das menschliche. Es ist einfach manchmal nett, wenn man nebeneinander sitzt, aber redet dann auch über was anderes und man ist auch nicht so fokussiert. Man geht dann noch Kaffeetrinken um herum, quatscht so genau.

Moritz: Man redet immer irgendwie weiter. Und ja, wenn man jetzt praktisch sagt, okay, jetzt hat man eine Stunde Kreativmeeting, da machen wir den Computer aus, dann ist es weg, dann ist die ganze Energie, die da mal irgendwo drin war, ist dann auf einmal weg. Jeder für sich irgendwie rum und vielleicht muss man auch den richtigen Weg finden. Vielleicht schafft es die nächste Kreativgeneration ja. Obwohl ich so jung bin, bin ich dafür wahrscheinlich zu alt, um zu lernen.

Julia: Das ist doch auch so Stichwort Du wirst sicher mal 100 und dann kannst Du mit 80 dann noch einen Messestand machen.

Moritz: Ich will jetzt echt nicht 100 werden.  

Julia: Okay, jetzt mal drei Schritte zurück, also Du bist ja Einzelunternehmer. Also du machst immer deine eigenen Dinge, du freelancest.

Moritz: Ja, Ja.

Julia: Und eigentlich ist auch, wie das alles gewachsen ist. Du hast ja schon gesagt, dass Du am Anfang Kommunikation im Raum, Stichwort Messestand, gemacht hast und jetzt machst du euch andere Sachen. Also du musst auch nicht ins Detail gehen und ich glaube, manche Sachen sind auch eher so vertraulich, die du machst, aber du entwickelst ja immer noch mal neue Sachen.

Moritz: Ich habe gemerkt, inzwischen muss ich immer ganz am Anfang sagen, ich habe mal kurz Informatik studiert, damit alle verstehen: Ah! Du bist ja nicht nur Designer. Ich werde dann immer gefragt, warum ich mich so viel mit Computern auskenne. Und da habe ich gemerkt: Okay, es hilft den, dass ich mal ein Semester Informatik studiert habe.

Julia: Aber bist Du nicht auch Elektriker? Das habe ich doch neulich gelernt – das wusste ich noch gar nicht.

Moritz: Ja, ich habe diesen zweiten Bildungsweg, also Realschule, Fachabitur und dann studiert. Und mein Fachabitur habe ich in Ulm gemacht, an einem Berufskolleg oder Fachhochschulreife zusammen mit einer Ausbildung. So ein duales Ding war das. Du machst auf der einen Seite eine Ausbildung als Elektrotechniker oder als elektrotechnischer Assistent, glaube ich. Ich habe dieses Zeugnis, glaube ich, nicht abgeholt. Ich wollt halt, aber ich habe das eigentlich primär nur gemacht, um zu studieren. Aber ich war halt immer so ein Computerkind, ein Computerkind, aber witzigerweise nur nachts, tagsüber war ich dann draußen und Skateboard fahren. Deswegen ist es keinem aufgefallen. Und nachts war halt der Computer irgendwie da.

Julia: Dann hattest Du wahrscheinlich solche Augenringe, weil du nicht mehr geschlafen hast.

Moritz: Ja, genau so in die Richtung geht das doch schon ein bisschen. Also ich glaube, meine Schule, meine schulische Leistung ist da so ein bisschen hängen geblieben, aber im Endeffekt hat es ja nichts geändert. Und dann dachte ich mal ganz kurz: Okay, Informatik ist es halt nicht für mich.

Ich wollte eigentlich schon immer so ein bisschen Design studieren. Ich komme aus Ulm ursprünglich und da gibt es die HSG und dann habe ich irgendwie in jungen Jahren auch so ein bisschen gelernt, was Otl Aicher an der Olympiade gemacht hat und da ist die Designhochschule gewesen, die war wahnsinnig weltweit bekannt und da kam ich dann irgendwie immer auf dieses Design Thema so ein bisschen und hab meinen Computer und meine Computer Skills als zwölf, 13, 14jähriger immer so für Grafiksachen benutzt.

Mit den ersten Vektorprogramme irgendwie ein Muster, also Pixel.Bilder gemalt. Auch natürlich viel Game oder so, aber irgendwie Sachen produzieren, die dann irgendwo rauskommen und auf dem Bildschirm sind. Dann habe ich kurz Informatik studiert, weil ich einfach zu doof war oder zu faul war, mit eine Design-Mappe zu machen. Es war auch nicht unaufwendig, ich hatte auch keine Zeit gehabt. Es gab immer was, was weiß ich – Frauen, ich weiß es nicht mehr und ich glaube meine erste Freundin hatte ich dann damals und dann war ich angemeldet, dann hab ich halt Informatik kurz mal studiert, ein Semester, habe auch mit einem Freund von mir angefangen und ich habe auch schon der ersten Woche gemerkt: Das ist es nicht. Also einmal wegen der Mathe, das hat sich nicht geändert. Also ich habe inzwischen auch ein super hohes Interesse an Mathematik und ich merke auch inzwischen, also hätte es damals YouTube gegeben, was es einem ein bisschen anders erklärt, wäre das sicherlich anders gelaufen. Aber ich habe einfach gemerkt: Okay, ich habe wahnsinnig viel Interesse an Computern, aber mir fehlt der Zugang zu höherer Mathematik. Also das Grundverständnis, was ich wirklich brauche, um Informatiker zu werden, das liegt mir nicht wirklich. Und es waren halt einfach auch andere Menschen, also in diesemStudium, und mir war das halt mal wichtig, irgendwie auch mal rauszukommen aus meinem kleinen Dorf und irgendwie zu studieren und hin und her.

Also ich habe dann Informatik abgebrochen und habe mich dann hingesetzt und mir eine Design.Mappe gemacht, habe mich an mehreren Hochschulen beworben, wurde an drei aufgenommen, habe die Aufnahmeprüfung gemacht und hatte dann drei Plätze.

Aber dann bin ich damals mit meiner Freundin sind wir an dem Wochenende zu diesen ganzen Hochschulen gefahren. Hab‘ mit den Leuten da irgendwie gequatscht und hin und her und am Ende waren wir noch mal in Schwäbisch Gmünd, wo ich mich gar nicht beworben hatte und da war es am geilsten.

Also da haben die Diplomanden ihre eigene Villa, jeder hat ein eigenes Büro. Es ist so schön im Grünen, in der Schwäbischen Alb. Wir haben damals irgendwie gegrillt. Das war zwei Wochen vor ihrer Diplomabgabe. Die haben so ein bisschen erzählt, also die Stadt ist doof, aber das Geile ist ja, da sind halt nur Designer und du redest den gesamten lieben langen Tag über Design. Die Ausbildung ist super. Und ich war so hin und hergerissen zwischen: Ich geh jetzt nach Konstanz, nach Mainz oder nach Berlin oder halt auf die Schwäbische Alb. Und ich komme halt aus Ulm.

Julia: Aber hattest du Dich dann überhaupt beworben?

Moritz: Ich habe dann in Schwäbisch Gmünd angerufen, habe gesagt: Hey, ich wurde in Konstanz und in Mainz genommen – nehmt ihr mich auch? Da haben sie gesagt: Schick mal rüber, deine Prüfungs- und deine Punktezahl. Dann habe ich die rübergeschickt. Hat funktioniert. Also ich hatte ja die Prüfungen. Also es war damals zumindest so, für Hochschulen galt eine Prüfung für alle Hochschulen und das System. Und vielleicht ist da jemand abgesprungen. Vielleicht habe ich den mal irgendwie überzeugt. Vielleicht, weil ich aus Ulm komme. Ich weiß es nicht. Aber ich bin irgendwie so reingerutscht und es war das Beste, was mir persönlich passieren konnte, weil da habe ich dann wirklich Sachen gelernt. Also das war wirklich ein ganz kleines Dorf und auf jeder Party und überall hast du nur erst mal nur Hauspartys gehabt. Eine Kneipe, da waren nur Designer da. Der Austausch war phänomenal.

Julia: Schon eine krasse Bubble, oder? Ich meine, es ist schon cool, wenn man so mit allen anderen, die vielleicht ähnlich denken, zusammen ist. Das macht ja wirklich was aus. Also qie du dich auch entwickelst, wenn du mit anderen zusammen bist, die auch vielleicht ähnlich denken, aber ganz andere Impulse haben.

Moritz: Ja, also das ist wahr. Das klingt jetzt übertrieben, aber ich bin da irgendwie angekommen. Nach einer Weile dachte ich mir: these are my people. Also ich habe auch Freunde in Informatik gehabt und sonst irgendwo. Aber ich bin zum ersten Mal in den Raum reingelaufen, wo ich dachte: Oh Gott, die sind alle so wie ich. Ob das positiv ist oder negativ, weiß man jetzt nicht genau, aber ich habe sofort meine Leute gefunden. Das war irgendwie so, die waren da, weil die das Gleiche machen wollten wie ich. Und klar gibt es immer wieder Unterschiede, auch von der Herangehensweise und vom Grundcharakter. Aber das waren Leute, die coole Sachen machen wollten und wir haben coole Sachen gemacht, meiner Meinung nach.

Julia: Und kommt dann daher auch so deine Ausprobierhaltung, weil du hast ja vorhin gesagt, dass du eigentlich bei der Arbeit irgendwann gemerkt hast, dass du von Sachen zehrst, die du noch aus dem Studium oder von Festivals kanntest. Kommt es auch daher oder hattest du das schon davor, dass du einfach mal was ausprobieren wolltest?

Moritz: Also ich habe irgendwann gemerkt, dass ich im Büro, glaube ich, noch nie eine gute Idee hatte. Also alle, alle, alle Projekte, wo ich jetzt sagen kann, so dass die Konzeption oder die Konzeptionsidee von mir gewesen ist, habe ich irgendwie entwickelt, war immer außerhalb meiner Arbeitszeit und mit dem Sketchbook im Park, beim Fahrradfahren, abends im Fernseher, beim Computerspielen, mit Freunden treffen und denen irgendwas erzählen und dann da die Idee haben. Ganz oft habe ich schon Ideen ja vorher gehabt, wie die einfach nur in irgendwelchen Zettelkasten geschrieben und dann irgendwann, wenn ein Jahr später wieder ein Projekt um die Ecke kam, hab ich halt mein Zettelkasten rausgezogen. Ich habe da mal irgendwann eine Idee gehabt und es waren eigentlich alle großen Projekte. Jetzt hatte ich schon ein halbes Jahr vorher die Idee von irgendwo anders, sei es von irgendeinem Festival oder einem Museum. Das sind immer so Impulse, die dann irgendwo kommen und die musste ich mir irgendwann mal merken.

Und natürlich, Du machst in einer Agentur viel. Aber in der Agentur ist es mehr so Kommunikation mit anderen, mit Kunden. Ausarbeitung, Powerpoint bauen, visualisieren, Weitermachen. Und das ist ein großer Teil. Aber dann habe ich gemerkt: Nee, die Ideen kommen eigentlich woanders her. Und auch wenn ich Kreativmeetings immer geliebt habe, ich hatte in einem Kreativmeeting noch nie eine richtig gute Idee, glaube ich. Ich  habe Kreativmeetings immer nur als Briefing genommen, was die anderen so ein bisschen denken oder was die, wie heißt dieses Wort? Stakeholder, also das, was die Stakeholder so erwarten. Und damit bin ich dann irgendwie alleine rumgesessen. Ich war nie so der Gruppen kreative. 

Julia: Mittlerweile gibt es auch Studien dazu, zu Brainstorming und so. Eigentlich funktioniert das besser, wenn die Leute erst mal für sich denken und dann ihre Ideen vorbringen. Aber da gibt es auch unterschiedliche Herangehensweisen.

Moritz: Das kann man auch lange diskutieren. Ein Mensch kann keine Messung machen. Deswegen muss man eigentlich die Leute, die da mitarbeiten von Anfang an schon mit dabeihaben, sonst haben die irgendwann keinen Bezug mehr dazu und sie müssen ein Teil dieser Idee sein. Das ist auch eine Aufgabe einer Agentur oder eines Creative Directors, nicht immer die geilste Idee zu machen, sondern auch die Leute bei der Stange zu halten – klingt auch schon wieder so wahnsinnig sklavenhaft – sondern sie mitzunehmen. Jeder muss die Chance haben, irgendwie einen Teil von sich irgendwie da reinzubringen. Und dann hat er auch am Ende Enthusiasmus und Antrieb und Energie, das mitzutragen und geiler zu machen und hin und her. Aber am Ende des Tages. Ich meine, kennst du irgendeinen guten Film, wo mehr als ein, zwei Regisseure dabei waren?

Eine Idee wird nie besser. Was besser wird, ist, wenn du sagst, wir haben eine Idee. Zum Beispiel, wir machen jetzt ein Museum über Zeit und jetzt darf jeder wirklich eine Idee reinbringen, auf die dann Exponate bauen, die alte Einbauten, eine Mikrowelle, die rückwärts läuft und kalt macht. Keiner. Ich weiß es nicht. Aber jetzt kommen so kleine coole Ideen, die den Raum füllen. Aber die Idee zu haben, wir machen ein Museum über Zeit, das muss immer von einer Person kommen, die jetzt ich bin oder jemand anders. Das ist mir immer völlig egal gewesen. Aber das ist immer so eine Krux, dass zehn Leute im Raum hocken und dann hoffen sie, dass wir auf eine einzige Idee kommen. Und das würde auch meiner Ansicht nach funktioniert nie so richtig. Das ist, das muss man auch immer so fixen und so tun, als hätte man gerade jetzt diese Idee, weil jemand was gesagt hat. Aber das ist das klassische Game.

Julia: Ja, eigentlich verkaufst du deine Ideen, dass du aufgrund des Einwurfs auf die Idee kam – so wie du sagst, tragen das alle mit. Ist auch spannend.

Moritz: Manchmal mehr, manchmal weniger. Aber das ist halt einfach in der Agentur ist ein Kreativprozess ein ganz anderer Job als mein Kreativprozess hier bei mir alleine.

Julia: Aber da waren wir ja eigentlich, dass du das gar nicht mehr machst. Wie arbeitest du jetzt? Jetzt arbeitest du alleine, oder?

Moritz: Also ich arbeite immer noch in so Team. Ab und zu hole ich mir Leute für meine Sachen dazu. Es ist gerade sehr wild. Ich habe dieses Jahr auch wieder für Agenturen gearbeitet, wo ich in so ein größeres Team reingeworfen werde. Ob ich die dann leite oder ich unterstütze die. Das ist immer jedes Mal ein anderer Hut, den ich da auf habe.

Ich muss auch vorher mal ganz genau fragen: Was erwartet ihr von mir gerade als Externer? Muss man da einfach so ein bisschen aufpassen oder bzw. auch die Leute abholen, vor die man oder unter die man oder über die man gesetzt wird. Das ist auch immer so ein interessantes Thema. Aber irgendwann kommt man da auch mal rein und weiß einfach: Okay, man muss den ersten Tag auch mit den Leuten einfach sprechen und dann geht es schon.

Wenn ich nur Support bin, dann hocke ich nur da und warte, bis mir jemand was rüberwirft. Es wechselt immer so ein bisschen hin und her und das finde ich aber auch ganz entspannt. Ja, es ist immer mal wieder so ein hin und her wechseln, aber jetzt eben halt durch diese Geschichten, dass ich jetzt also ich entwickle also für Autokonzerne ab und zu inzwischen auch Sachen in der Vorserie. Ich mache inzwischen halt keine Räume mehr und Stories und Museen, wo ich so durchlaufe oder Messestände, wo halt da ein Produkt steht, sondern ich arbeite inzwischen mehr am Produkt. Oder Produkte im Auto oder Experiences, wie fahren ausschauen könnte.

Es kam glücklicherweise auch in Corona, also 2020, da gab es ja im April diese Merkel-Ansprache am 28. April oder März. Ich da bin ich mir ganz sicher. Aber man hat wirklich gemerkt, nach einer Woche sind alle Kommunikation im Raum-Projekte des Jahres einfach weg gewesen. Also die Automotive Paris Messe wurde abgesagt. Es wurde einfach wahnsinnig viel abgesagt. Man hat einfach gemerkt: Okay, ich habe die Projekte. Aber alles, was hätte kommen können, kommt nicht mehr. Und dann habe ich auch kurz mal überlegt: Was mache ich jetzt eigentlich?

Und bevor ich da irgendwie auf einen Punkt kam, wurde ich angerufen von einer Agentur. Da wurde ich irgendwie hin empfohlen. Die haben jemand gesucht, der so ein bisschen Creative Director, ein bisschen Art Director, ein bisschen Designer und ein bisschen Kundensteuern kann für Design im Bereich. Also eigentlich würde ich jetzt grundsätzlich hätte ich jetzt dazu Nein gesagt, weil ich jetzt kein UI-ler bin. Das können andere sehr, sehr gut und auch viel, viel besser. Aber es war Corona. Ich hatte nichts zu tun und hab mir das bei denen mal angehört. Dann haben die mir so ein bisschen erzählt und dann dachte ich: Cool, das klingt ja richtig geil, weil ich wusste nicht, dass es so was gibt. Also dass es so eine Art von Innovation und Entwicklung auf irgendeine Weise gibt. Und dann habe ich denen mein Zeug so ein bisschen gezeigt. Und dann sind wir da mal irgendwie zusammenkommen.

Und jetzt bin ich dadurch seit fünf Jahren so in diese Branche reingerutscht, habe auch andere Agenturen und Kunden irgendwie kennengelernt und ich weiß nicht, ob es da wirklich ein Wort dafür gibt. Es ist in eher Design-Entwicklung auf eine Art und Weise, aber halt mit Technologie-Background. Sei es jetzt mit Interactive, mit KI, mit irgendwelchen hand gesture Dingen oder mit Head Tracking, das alles dreidimensional wird, was ich anschaue. Das hat gar nicht mal irgendwie wirklich den Anspruch, dass es ein Produkt in dem Moment wird. Aber es ist halt eine Exploration und man schaut, was damit gemacht werden kann auf eine Art und Weise. Das klingt jetzt alles sehr flockig. Ich muss da so ein bisschen aufpassen, dass ich jetzt gerade nicht irgendwas erzähle, was ich nicht erzählen darf. Ist denn ein Nachteil von solchen Projekten? Ja, ich hab bisschen Angst, aber das ist im Prinzip, äh, das ist ja der Shift, den ich halt gemacht habe, dass ich jetzt nicht mehr Räume mache und dann in den Räumen Technologie und Kommunikation verorte, sondern ich habe letztes Jahr ein Projekt gemacht. Also ich habe da drei Monate dran gearbeitet und das Ergebnis war so groß, man konnte das irgendwie anschalten. Ich kann nicht sagen, was es war. Und ich habe mir gedacht ja, cool, also so ein Auto ist ja eigentlich auch nur ein kleines Museum. Da kann man mit Licht viel machen, da kann man mit Displays viel machen oder mit LED mit Geräuschen mit. Aber da gibt es 1000 Möglichkeiten, anders zu kommunizieren. Wenn man mal das Display wegnimmt.

Julia: Das finde ich total lustig. Die Grundidee von meinem Podcast war immer die Frage: Wie kann Neues entstehen?

Und wenn ich dir so zuhöre, hört sich halt so an, als hättest du jetzt deine total coole kleine Nische gefunden, wo du einfach explorativ ausprobieren kannst. Aber ich habe so verstanden, ohne dass jetzt jemand erwartet, dass genau was rauskommt.

Also hast du jetzt gerade so die Freiheit, einfach auszuprobieren? Und hast du da, also was ich auch immer so spannend finde: Welche Rolle spielt dann Geld? Das hört sich so an, als hättest du jetzt nicht so einen krassen Finanzdruck, weil oft, gerade bei einer Messe, hast du ja dann doch so ein Budget und da musst du irgendwie alles reinkriegen. Hört sich jetzt gerade so an, als könntest du einfach mal frei explorieren und ausprobieren.

Moritz: Äh, ja. Es kommt. Ich muss schon ein Ergebnis abliefern. Und es muss auch nachvollziehbar sein, auf eine Art und Weise. Und ich kann nicht einfach nur sagen: Geht nicht, weil ich will nicht, sondern ich muss genau erklären, warum es nicht ging. Diese Arbeitsweise musste ich mir auch mal angewöhnen, um auch Fehler prozessmäßig irgendwie aufzuschreiben und daraus eine Geschichte zu bauen. Und eben geldtechnisch, muss ich sagen: Äh, es ist anders. Ja. Anders. Also, so klassische Designagenturen. Da war noch nie viel Geld, würde ich behaupten als Freelancer. Also wenn man alleine mal so unabhängig von mir, ich bin ja so zwischen Design und Technologie, also kann man es einfach mal googlen. Such dir mal den Tagessatz von einem Art Director zehn Jahre Berufserfahrung, und dann such dir mal den Tagessatz von einem Informatiker mit einem Jahr.

Julia: Nee, ich meinte eher. Also es hört sich ja schon nach einem Traumjob an und du kannst einfach ausprobieren und gucken und explorieren und deine Sachen machen und aber dass auch die deiner Auftraggeber dir quasi diese Freiheit geben und das einfach cool finden. Weil manchmal muss man erst mal ausprobieren, bevor man weiß, was funktioniert und was neu sein könnte.

Moritz: Also es ist meistens schon alles so richtig zielführend auf irgendeine Art und Weise. Also meistens geht es jetzt in vielen Fällen darum, dass du halt dem User oder dem Kunden oder was auch immer irgendeine Art von Experience an die Hand geben möchtest, was seinen Aufenthalt zu einem Mehrwert macht, sich halt positiv mit dieser Marke verknüpft. Das kann man in meinem Fall früher halt, weil es Kommunikation im Raum. Also der Besucher betritt diesen Raum und er muss sofort merken, er ist jetzt bei Marke XY, die machen so geiles Zeug, hier will er bleiben und er saugt so viel auf und geht dann praktisch. Das ist dieses klassische Marketingwort, aufgeladen nach Hause.

Es ist also, wenn ich jedes Mal 10 € bekomme, wenn ich diesen Satz hör: Moritz, denk dran, der Besucher muss aufgeladen nach Hause gehen. Na klar, wie denn? Sonst wäre er doof. Und es ist das Prinzip. Gilt aber bei dem anderen Berufen genauso. Also es ist immer ein ähnliches Ziel. Nur die Frage ist wie komme ich hin?

Und natürlich, wenn ich jetzt sage: Also wenn ich jetzt die ersten paar Male mehrmals gesagt hätte, okay, ich habe jetzt einen Monat dran gearbeitet, es funktioniert nicht, das auch nicht, das auch nicht. Dann hast du irgendwann auch keinen Plan und bist raus. Logisch. Ich muss da schon sehr, sehr genau sein und auch selber überlegen, was ich daraus noch machen könnte. Und das tolle ist ja, das ist ja einfach Technologie. Es baut eins nach dem anderen irgendwo immer wieder auf. Es ist eine wahnsinnig kreative Arbeit, weil man auch schaut, was hat was, was kommt daraus? Was kann ich mit dieser Technik ganz Neues machen, auf irgendeine Art und Weise? Deswegen. Also auf der anderen Seite hat man halt den Druck. Man muss sich immer um neue Sachen kümmern. Also ich würde mal sagen, 30 % meiner Arbeitszeit ist auch die Recherche für den nächsten Schritt. Sage ich jetzt einfach mal, was passiert da gerade in dem Bereich?

Genau, dann Ergebnisse formulieren, dann auch selber mal bewerten. Ist es gerade cool, was ich hier mache? Gibt es ein Mehrwert für irgendetwas, sei es jetzt auch nur fürs Marketing? Der Job ist gar nicht mal so anders. Es ist eher nur, es ist freier. Und es ist noch immer sehr unterschiedlich, wie diese Themen kommen. Man kann auch mal sagen okay, dann ist deine Aufgabe jetzt kommunikation mit Licht. Das kann jetzt ja alles bedeuten. Da muss man sich selber auch immer so ein bisschen einschränken, man muss sich erst mal konzeptionell selber so kleine Sandkästen bauen, verschiedene Spielsachen reinlegen und dann sich mal zwei Tage hinsetzen und spielen und dann wieder aufstehen und gucken, was habe ich denn gerade gebaut, was ist denn da dabei rumgekommen?

Das muss man dann auch ordentlich kommunizieren, auch in einer schönen Powerpoint. Also es hört sich sehr wild an, aber am Ende des Tages bin ich so ein bisschen Erfinder geworden.

Julia: Ja, ich find’s gut. Ich hab‘ auch das Gefühl, dass irgendwie alle Leute, die ich interviewe, irgendwie auch ein bisschen Spielkinder sind, die einfach ausprobieren wollen und sich auch nicht so von Geld leiten lassen.

Also bei dir habe ich vorher auch gehört. dass eigentlich Geld für dich gar nicht der Antrieb ist, sondern eigentlich das was cooles schaffen. Und jetzt aber zwei Fragen dazu:

Wie schaffst du es denn so zu spüren, ob das gut ist? Ist das einfach so ein Gefühl oder gehst du da kritisch rein? Wie gehst du da rein und wie machst du das?

Moritz: Das Ding ist so ein bisschen: Ich habe, glaube ich, immer schon so die Eigenart gehabt, dass ich sehr, sehr viele Sachen sehe und aufnehme. Also das ist irgendwie so in meinem Freundes- und Bekannten.Designer-Kreis irgendwie so der Running Gag: Man kann mir nichts mehr schicken, weil ich es eh schon kenne. Das stimmt auch, aber mir bitte weiter Sachen schicken. Manchmal kenne ich es nicht und lieber kriege ich am Tag 20 Sachen geschickt, von der ich eine nicht kenne. Hat sich schon gelohnt. Aber es ist schon wirklich so, dass ich viel Zeit in so Technologie-Designkreisen bekomme und mitmische auch. Und dadurch merkt man ja, wenn man etwas gemacht hat, ob es originär ist. Also das Wichtigste ist glaube ich für mich in meiner Arbeit ist originär sein. Und originär wird man nur, wenn man es wirklich selber entwickelt hat, von Grund auf  auf irgendeine Art und Weise.

Also das ist dieses klassische Ding, was auch in manchen Designbüros oder Agenturen einfach passiert. Ich kenne jetzt nicht viele, aber man weiß, dass es so ist. Da ist ein Kreativmeeting eigentlich nur ein Pinterest Board. Man sucht sich raus, was man schön findet und macht genau das. Das ist sicher in manchen Bereichen auch völlig legitim, aber das ist was, zum Beispiel, wo ich einfach sage, dann braucht man halt keinen Designer dafür. Also dann habe ich meinen Beruf, dann ist der falsche Beruf irgendwie ausgewählt worden. Und daher eben zu explorieren oder Sachen neu zu verknüpfen ist ja eben gerade Kreativität. Also keiner weiß genau, was Kreativität eigentlich bedeutet, wie das im Kopf funktioniert. Man ist sich nur sehr, sehr sicher, dass, um kreativ zu sein, musst du erst mal viele Sachen kennen und die dann wieder neu verknüpfen. Also eigentlich ist er gar nichts neu, sondern einfach nur alles immer wieder. Und wenn ich remixen möchte, muss ich viel kennen. Das ist so ein bisschen wie so ein Hip Hop Produzent, wenn er seine Samples macht und seine eigenen Beats. Der erst mal auch ganz, ganz viel Musik kennen, um sich daraus Sachen zusammenzubauen. Und so funktioniert meiner Ansicht nach Kreativität. Du bist immer von neuen Dingen beeinflusst. Der Mensch ist an sich beeinflussbar von Eindrücken. Sei es jetzt hören, sehen, fühlen, schmecken. Etwas, das ihm toll gefällt. Das wiederholt er und er denkt ja auch mal irgendwann wieder dran. Und so ist, glaube ich, das Leben eines Kreativen. Wenn man es halt professionell macht, muss man halt einfach genau selektieren, was man wann wo sieht und sich dafür merken auf eigene Art und Weise.

Julia: Und hattest du schon mal so eine Phase, wo du das nicht gut konntest?

Kenne ich auch von anderen Kreativen, die dann sagen: Hey, ich kann irgendwie nicht so und ich komm nicht in so ein Flow, ich habe keine Muse, ich bin so am Abarbeiten.

Also wie machst du das, dass du dir das so behältst? Oder hattest du schon mal Phasen, wo du das nicht hattest? Und was hast du dann gemacht? Also ist nicht auch spannend? Wie kriegst du es hin, kreativ zu bleiben?

Moritz: Also das ist sehr interessant. Ich hab‘ das noch nicht gehabt.

Es liegt vielleicht daran, dass ich gegen das Doing und den Papierkrieg im Hintergrund so viel Aversionen habe, dass ich den Moment, frei zu arbeiten und frei zu denken, einfach so liebe, dass ich, wenn ich weiß: Okay, jetzt kann ich einfach mal einen Tag lang, da muss ich nichts machen eigentlich – ich muss nur eine Idee haben. Das entspannt mich sehr.

Man kann es und ja, kann ich. Also ich hab da denkt er auch mal immer wieder mal drüber nach und es wurde mir auch schon zwei, drei mal gesagt Moritz, du wirst auch mal älter, dann hast du auch mal keine Idee mehr. Ich warte drauf. Also das ist es, wurde mir vor 20 Jahren gesagt. Ähm, bisher hat immer noch alles sehr gut funktioniert. Es liegt aber ich glaube auch ein bisschen daran, dass ich halt immer mich damit beschäftige und halt einfach auch viele Dinge im Hinterkopf hab oder halt in meiner Schublade. Und irgendwann hat man ja auch so ein bisschen. Also. Etwas richtig. Jetzt also etwas komplett Neues zu entwickeln. Das passiert auch nur durch Zufall. Also Sachen, die ich manchmal ab und zu mache. Da kommt mal zufällig was Geiles bei raus und zufällig mal auch nicht. Aber da ist auch ein innerer Antrieb und ich habe niemanden, der mir das abnimmt oder sagt am Ende das war es, aber keine gute Idee. Bei den Sachen, wo ich jetzt halt wirklich beruflich viel kreativ arbeiten muss, also Eventkonzeption oder Messekonzeption. Da habe ich jetzt nach und nach, auch wenn ich so krass jung bin nach 15 Jahren einfach ein bisschen Routine. Das ist so, das kann man. Man kann da gar nicht so viel machen auf so einem Messestand. Und: Es ist ein bisschen Routine, einfach auch, welche Ideen wann wie funktionieren, was dem Kunden in dem Moment hilft. Was er kommunizieren möchte, ist ja schon eine Vorgabe. Und daraus kann man ja nicht einfach alles machen, sondern man ist ja schon eingeschränkt. Also eigentlich finde ich, finde ich Kreativität in dem Bereichen Prozess, Arbeit und dadurch, dass es für mich ein Prozess ist, habe ich bisher noch kein Problem gehabt, um kreativ zu sein. Ich habe schon Burnouts gehabt und alles drum und dran natürlich und in der Zeit vielleicht auch nicht gearbeitet. Vielleicht habe ich immer Glück gehabt, dass ich halt immer in guten Momenten so was hatte. Aber ich habe manchmal Tage, wo ich sage ich mache heut nichts Kreatives und heute schreibe ich mal Rechnungen und mache mal irgendwas, schreibt eine Email oder so.

Julia: Das sollte ich dich jetzt fragen, wie du es dann schaffst, weil irgendwie muss man ja trotzdem Admin machen – wie du sagst Rechnungsschreiben, Mails  – das schiebst du dann auch Tage, wo du dich eh nicht so inspiriert fühlst? 

Moritz: Also es kann wirklich mal sein, dass ich morgens halt dran sitze und dann kommt um 11 eine Email und die wird erst am nächsten Tag beantwortet, weil ich einfach genau weiß, wenn ich die jetzt beantworte, bin ich komplett raus.

Julia: Also priorisiert du es im Kopf und sagst: Nee, ich meine den kreativen Flow und das andere mache ich dann, wenn ich nicht so inspiriert bin.

Moritz: Weil das andere nicht relevant für meine Arbeit ist. Das gehört zwar dazu und ich mach das halt auch und es läuft auch ganz gut, aber das macht mir ine einem halben Jahr meine KI. Also das ist die große Idee. Also all das, was ich machen möchte, sehe ich gerade eh bald abgenommen. Ja, oder ist inzwischen auch schon so ein großer Teil von ihr. Also mein Kalender und meine Emails und Inhalte werden alle schon inzwischen vorsortiert seit Wochen. Das wird immer mehr. So und umso mehr kann ich mich auf kreative Prozesse oder Explorationen konzentrieren oder neue und neue Sachen einfach oder mal andere Sachen angucken oder einfach mal mit Leuten irgendwie quatschen. Das ist irgendwie ja Administration.

Aber ich könnte es besser machen. Das ist ja, das ist ja das erste, was ich ganz am Anfang meinte, ganz, ganz am Anfang habe ich ja gesagt, dass ich mich in meiner Situation sehr, sehr glücklich fühle. Und ich weiß auch nicht, wie lange das gut geht. Aber es geht gerade schon seit sechs, sieben Jahren. Gut, dass ich mit Akquise eigentlich noch nie etwas am Hut hatte, Weil ich halt, weil Leute immer irgendwie auf mich zukam oder ich irgendwo hin empfohlen wurde. Na, mal gucken, wie es in fünf Jahren so aussieht. Das kann ja auch schwanken auf irgendeine Art und Weise. Und irgendwann will auch niemand mehr den 50-jährigen Freelancer irgendwo rumsitzen haben

Also im Großen und Ganzen ist das schon die Bemühung, dass ich mich irgendwie so ein bisschen los, also nicht loskapsel. Aber ich muss mehr eigene Dinge machen und ich habe dadurch mehr Kontrolle über alles.

Also ich arbeite auch noch gern mit Agenturen zusammen, weil die mir halt den ganzen Overhead wegnehmen. Also einmal, einmal sitzen da immer gute Leute, mit denen ich von denen auch was lernen kann. Und die übernehmen halt den Overhead, der da immer irgendwie dran ist. Und ich kriege halt mal mein Honorar oder mein Budget oder mein Tagessatz, was auch immer. Und es entspannt mich einfach wahnsinnig, wenn ich weiß, im Hintergrund macht das alles jemand anders, kümmert sich da um Dinge und Termine und Abgaben und ich bin dann irgendwas erinnert. Das ist mir aktuell noch viel, viel angenehmer, als jetzt komplett selbstständig zu werden, oder? Ich gebe auch sicher mal irgendwann die letzten Jahre gab es immer wieder auch mal die Überlegung, eine eigene Agentur aufzumachen oder für meine Projekte noch mal Leute dazuzuholen. Aber da habe ich in der Agentur einfach gelernt ich möchte diese Verantwortung gar nicht haben. Also das ist ich habe da höchsten Respekt vor Managern oder Geschäftsführern, die einfach alle auch viele Leute haben um. Das ist ich. Ich könnte das nicht. Habe ich gemerkt. Nicht auf diese Art und Weise. Und deswegen habe ich gemerkt. Ja, ich für mich alleine bin ein richtiger. Wenn ich Leute dazu hole, sind es Freelancer. Um die muss ich mich nicht kümmern. Die kriegen halt Arbeit und bestimmen uns ab. Und wenn das Projekt vorbei ist, haben sie wieder einen anderen Job. Und wenn du aber eine Agentur führst und mal im Monat ein Kunde reinkommt? Ich könnte nicht schlafen. Ich wüsste einfach, das ist. Diesen Druck würde ich nicht aushalten. Und dann wäre ich wahrscheinlich auch nicht mehr kreativ, ehrlich gesagt.

Julia: Also hältst du dir den Druck auch fern, damit du so kreativ bleiben kannst, oder?

Moritz: Also ich habe schon schon Druck, aber was ich nicht habe, ist Personal-Druck. Also ich habe den Druck nur für mich und eben nicht für andere. Und das meine ich. Andere können das ganz anders. Die sagen nur: Ich liebe meine Mitarbeiter. Und ja, ihr habt auch viele Leute, die für mich arbeiten, die ich leite und irgendwas macht. Das finde ich auch eine tolle Eigenschaft, die braucht es auch.

Aber ich selber habe für mich gemerkt, dass ich das mich das zulasten der Arbeit ablenkt. Menschen lenken mich von der Arbeit ab. Na das hört sich schrecklich an für mich. Kleines Kellerkind, was total asozial irgendwie sein Design durchzieht und mit niemandem darüber redet und nee, nee, also.

Julia: Ein Teil von dir ist sicher ein bisschen so. Du hast ja auch vorher gesagt, dass all dieser Admin-Kram dich ja auch ein bisschen ablenkt von Kreativität. Und das ist ja was, Du hast ja schon eine andere Verantwortung, wenn du Menschen führst und ihre Gehälter zahlst.

Moritz: Also mein letzter Job bei einer Agentur war halt damals, wo wir uns kennengelernt haben. Am Ende war ich halt der mit der Powerpoint und bin halt jede Woche zweimal zum Kunden gefahren. Hab eine Powerpoint dabei gehabt, die im besten Fall dann jemand anders noch irgendwie gefüllt hatte und ich musste diesen Shit verkaufen. Also ich jetzt nicht, aber ich musste immer verkaufen, Da habe ich mich halt gar nicht mehr gesehen. Also null, Das war so nicht meins. Wie langweilig ist das denn? Ja, und dann kommst du irgendwie zurück. Dann musst du deinem Team sagen: Hey, der fand das nicht gut. Wir müssen das neu machen und das neu machen. Dann sind die alle unmotiviert und ich musste ja noch motivieren. Völlig richtig, das ist auch die Aufgabe eines Teamleiters. Aber ich hab halt gemerkt, ich kann das, aber es schlaucht mich so, also es ist mir zu viel Energie, dass ich meinen anderen Job noch machen konnte und dann waren eh so ein paar Dinge, wo ich einfach gemerkt habe, ich muss was Neues probieren, ich muss kündigen. War ja keine Idee von mir, das ist ja durch Zufall auch wieder passiert. Also das war ja alles gar nicht geplant.

Julia: Aber dazu noch zwei Fragen. Also 1. das mit dem Burnout, das hast du nur kurz angesprochen, können wir auch wieder rausnehmen.

Moritz: Ganz wichtig: Also ich hatte kein Burnout in dem Sinne, der diagnostiziert war. Dann habe ich mir selber diagnostiziert, ich war einfach fix und fertig, ich hatte ein halbes Jahr lang schlechte Laune. Ich habe beschissen geschlafen. Ich wollte abends keine Freunde mehr treffen. Ich bin halt morgens aufgestanden, in die Agentur gegangen, habe einen Messestand gemacht, mich mit Leuten rum gestritten, bin abends nach Hause.

Habe auch gemerkt, ich gefalle mir selber grad gar nicht mehr. Das liegt an niemandem anderen und es liegt nur an mir und ich muss was ändern. Und das, was ich ändern möchte, kann ich in dieser Agentur nicht ändern, weil wir sonst einen anderen Namen hätten, nur noch nachts arbeiten würden und 20 Leute rausfliegen und 40 neue eingestellt werden und wir dann auf einmal ein Schwimmbad hätten.

Also ich habe halt gemerkt, okay, um was eigenes zu machen, kann ich nicht erwarten, dass sich meine Umgebung ändert. Meine Umgebung war zudem halt einfach schon seit 25 Jahren eine sehr gut geführte Designagentur. Warum sollten wir jetzt was ändern, nur weil der Moritz wieder ein Problem hat? Und da habe ich einfach gemerkt, da muss ich jetzt einfach raus auf eine andere Art und Weise. Und dann hab ich gekündigt und war dann erstmal so: Okay, was mache ich denn jetzt?

Und dann bin ich ab ich nach Afrika. Dann bin ich ein halbes Jahr in Kapstadt rum rumgehangen, habe Leute getroffen Da war ich beim Pinguin Strand, fahrradfahren, campen, einfach mal ein halbes Jahr lang raus. Und dann kam ich zurück und da wusste ich gar nicht, was ich machen soll. Ich saß dann irgendwie eine Woche rum und hab mich mit Freunden getroffen und erst mal gar nicht an Arbeit gedacht, weil ich gemerkt habe, ich kann gar nicht mehr in die Agentur. Also dasist mein Innerstes ist so dagegen, dass ich jetzt wieder in so eine Agentur sitze und ich wusste gar nicht, warum.

Und dann hat ein befreundetes Architekturbüro angerufen, die ich halt damals noch von diesen ganzen Projekten kannte und die haben gesagt: Hey, Moritz, wir haben gehört, du freelancest. Ist das so, seit wann denn? Und ich so: Seit heute. Was machen wir?

Und da war das so mein erster Kunde und oder mein erster Auftraggeber. Und dann habe ich für meine alte Agentur mal wieder mal ein bisschen was gemacht, dann für die. Und dann ist es immer so stetig gewachsen und auch mal weniger gewesen Und auch wieder ganz neue Agenturen und ganz andere Projekte. Dann noch mal so kurz Richtung Werbung, aber das war dann nicht so erfüllend. Aber wie gesagt, Burnout hatte ich keinen, weil er nicht diagnostiziert war. Vom Gefühl her habe ich immer die Schnauze voll gehabt deswegen. Also das streich mir das Wort Burnout und sag „Schnauze voll gehabt“. 

Julia: Aber was ich schon spannend fand, dass es sich einfach so anhört, als wäre es einfach so organisch entstanden. Also das Gefühl, das passt. Du gehst. Du machst was anderes, ohne zu wissen, was kommt.

Ist ja auch für mich eigentlich so, dieses Explorative, das hab ich jetzt auch schon von paar Leuten gehört, dass die halt, wenn du irgendwo hingehst mit einem Plan, da kann ja nichts Neues entstehen als musst du dich ja erst mal freimachen, um zu schauen, was passieren kann. Und dann kam es ja eigentlich auch wieder.

Schön, wie alle auf dich zukam und das dann so gewachsen ist. Also deine Projekte sind gewachsen. Irgendwann kam Corona. Du machst jetzt einen inhaltlichen Shift, der für dich viel cooler ist, weil besser bezahlt und weil anders kreativ. Also irgendwie ist ja auch schön, wie sich alles so zusammenwächst bei dir.

Moritz: Also besser bezahlt gar nicht mal, aber auch nicht schlechter bezahlt. Ja, das ist anders. Also das ist ja besser bezahlt. Es ist auch eine andere Art von Arbeit, eine andere Arbeitsaufteilung. Am Anfang hatte ich mehr Stress, weil ich diesen Beruf einfach nicht kannte. Alle waren um mich rum, Leute, die machen es seit Jahren und ich kam da rein als Messe-, Kunstmuseums-Konzeptioner. Du musst auf einmal löten. Ich musste nicht löten, ich wollte lernen. Also das ist so ein bisschen auch gewachsen und ich mach das jetzt seit fünf Jahren. Jetzt würde ich sagen, ich bin drin, ich habe ja alles verstanden. Man kann ja gut adaptieren, wenn man aus einem Kreativbereich kommt. Aber am Anfang war das schon so ein bisschen anstrengender, weil ich null Routine hatte. Und ich kam auch gar nicht damit zurecht, dass ich kein Ergebnis hatte. Also ich habe jetzt hier was gemacht, aber es funktioniert nicht. Äh, ja. Okay. Cool. Danke. Nächstes Ding. Nicht so wie: Danke. Und das ist es. Das war eine Erfahrung, wo ich gemerkt habe, okay, es muss ja nicht alles immer, also braucht nicht alles eine Deadline. manchen Sachen kommt ja auch mal ein Patent hinten raus. Und zwar nicht meins. Das kommt im Konzern natürlich. Aber sie können ja sagen: geht jetzt diese neue Technologie? Wir machen damit irgendwas, melden damit ein Patent an, weil wenn in fünf Jahren die Technologie marktreif ist, haben wir ein Patent dafür. Weil es ist gar nicht mal so Friede, Freude, Eierkuchen. Wir probieren mal ein bisschen rum, sondern die haben schon so einen harten Business-Gedanken dahinter und deswegen hier auch so Exploration mit neuen Technologien.

Julia: Aber du hast in diesem harten Business so ein bisschen eine Insel, wo du spielen kannst, ausprobieren kannst?

Moritz: Erfinden kannst? Ja, also ich nenne es spielen. Ich würde es vom Kunden jetzt nicht spielen nennen… Das müssen wir gar nicht streichen. Ich hab halt nur das Glück, dass mir dieser Job sehr, sehr viel Spaß macht. Das kann sich aber auch in zwei, drei Jahren wieder ändern. Das ist ja immer so.

Julia: Jetzt Moritz, doch noch zwei Sachen. Gibt es irgendwie rückblickend irgendwas, was du gern gewusst hätte oder was du gerne vielleicht doch anders gemacht hättest? Also wenn du so zurückschaust. Gibt es irgendwas, was du vorher gerne gewusst hat, das oder vielleicht sogar anders gemacht hättest?

Moritz: Nö, also nicht.

Julia: Fühlt sich auch so sehr im Flow an bei dir.

Moritz: Nein, es war schon alles so richtig. Es ist interessant. Ich bin jetzt in Valencia. Unter anderem, weil ich auch hierher wollte, um mich mal so richtig zu langweilen. Da hab ich dummerweise ein paar coole Jobs, zu denen ich eigentlich allen nicht nein sagen konnte und arbeite hier gerade mehr als letztes Jahr in Deutschland. Aber das war so ein bisschen meine Idee, mich hier mal richtig zu langweilen, um mal eine andere Idee zu bekommen, was ich sonst noch so machen könnte oder neue Sachen zu explorieren. Es hat nicht funktioniert, weil ich gerade wirklich 40 Stunden arbeite. Ich hock grade wirklich viel am Arbeiten, aber es macht auch wieder Spaß. Na ja, eigentlich nicht, weil. Weil. Auch die Zeit, die ich halt hatte in den Agenturen, wo ich halt mal meine 60, 70 Stunden Woche irgendwie hatte oder irgendwie vier Tage nicht geschlafen habe, weil wir vor Ort eine Messe aufgebaut haben. Das hat sich hinten raus alles gelohnt. Das sind alles Sachen, wo ich unglaublich viel gelernt habe, tolle Menschen kennengelernt habe und auch gelernt habe, unter Druck zu arbeiten. Das ist irgendwie Stress. Wer einmal eine Messe gemacht hat, den Stress danach nichts mehr.

Ich habe nie wieder Projekte erlebt, die anstrengender sind als Messe. So ist es einfach. Das ist. Das heißt ja nicht, dass Messe doof ist, aber das ist irgendwie so eine Königsdisziplin, wo auf einen Tag alles funktionieren muss.

Irgendwann kriegt man also eine Routine auf irgendeine Art und Weise.

Ich kenne auch viele, die direkt nach dem Studium Freelancer geworden sind. Hmmm. Da bin ich froh, dass es bei mir nicht so war. Weil das hätte ich niemals geschafft. Dafür fehlt mir komplett die Eigenschaft, auch eigene Kunden herzuholen. Ich bin super mies in Akquise. Ich kann Akquise nicht. Ich weiß nicht mal, ich kann das Wort nicht mal buchstabieren. Und da bin ich halt einfach wahnsinnig glücklich, dass ich halt durch meine Agenturzeit und auch durch viele coole Kontakte und Empfehlungen da halt wieder so reingerutscht bin. Deswegen kann ich es eben nicht bereuen, Zeit in der coolen Agentur verbracht zu haben, weil es einfach so viel hinten raus war und die mehr Arbeitszeit, die mehr Arbeitszeit war. Ja gut, die war halt so! Also ich glaube heutzutage ist es nicht mehr so.

Julia: Es hat ja auch Spaß gemacht, oder? Du wolltest das ja.

Moritz: Nö. Das gab es vielleicht mal ein, zwei Momente, wo ich was machen musste, was ich nicht wollte. Und das ist in zehn Jahren Agenturzeit. Schon krass. Also, dass ich mich überreden musste.

Ich wurde mal ganz am Anfang auf meine Arbeitszeiten angesprochen: Moritz, es kann nicht sein, dass du hier erst um 10:00 reinläuft. Da hab‘ ich gesagt: Völlig nachvollziehbar. Aber wenn ich um neun komme, gehe ich um sechs. Da wurde so ein bisschen diskutiert und dann war das nie wieder Thema. Und das habe ich auch ernst gemeint. Also wenn, wenn ich schon mehr als acht Stunden will, wenn schon so viel Arbeit von mir erwartet wird, dann bitte zu meiner Zeit. Und vor zehn ist eh nie was passiert.

Ich habe da auch schon Freiheiten gehabt und die habe ich mir vielleicht auch irgendwie erarbeitet mit meinen Nachtschichten oder mit den Sachen, die wir im Team gemacht haben. Da habe ich gar nicht so viel drüber nachgedacht. Aber ja, diesen Moment gab es mal, aber dann dachte ich so: Nee, also wenn ich um neun da sein muss, wenn ich eine Uhrzeit habe, wo ich kommen muss oder wo ich gehen muss.

Julia: Ja, aber das wäre auch wieder ein anderes Thema. Also ich finde, das ist jetzt auch noch viel mehr gekommen den letzten 15 Jahren. Aber dass man halt mehr auf die persönlichen Rhythmen der Leute eingeht. Der eine wird der Frühaufsteher, der andere nicht. In der Schweiz arbeite ich total oft mit Leuten, die schon um sechs am Rechner sitzen. Finde ich gar nicht so schlimm. Aber jeder ist halt anders. Jeder arbeitet halt einfach anders.

Moritz: Genau. Und gerade in der Kreativagentur können starre Zeiten nicht funktionieren. Heutzutage vielleicht inzwischen besser. Und man muss ja auch sagen, das ist, das ist auch Design. Büros haben sich auch so ein bisschen gewandelt, also ist alles ein bisschen ruhiger geworden, dieses wilde, Kreative, so eine Nacht vor der Abgabe.

Ich hab eine neue Idee macht man wirklich nicht mehr, weil was bringt es oder wem bringt es irgendwas? Wir haben es damals halt immer noch gemacht. Man muss halt selber noch Überstunden reingeballert und haben Spaß dabei gehabt. Aber völlig cool.

Auf der anderen Seite sehe ich jetzt diese neue Generation, die da kommt und finde es aber genauso cool von denen auch, dass sie geht, die machen ja keine schlechtere Arbeit. Also ich sehe hier nicht schlechtere Arbeit von Agenturen, die halt doch ihre Zeit um fünf haben oder wo die Hälfte der Belegschaft im Homeoffice sitzt, Da kommt immer noch sehr gute Arbeit raus. Aber es ist halt eine andere Arbeitsweise. Anders, aber definitiv nicht falsch. Ich würde niemandem, keinem jungen Designer würde ich sagen: Hey, ich habe das damals so machen müssen, das musst du genauso machen. Also bitte, das ist jetzt so Verbitterung.

Julia: Wenn man so was sagt, finde ich das auch ein bisschen wie Neid – ich weiß, wie es ist. Ich musste dafür kämpfen.

Moritz: Genau. Aber das ist doch. Das ist doch eigentlich Idee der Gesellschaft, dass es unseren Kindern oder jüngeren Menschen immer, immer besser geht. Ja, aber unser Alter. Warum sollte jetzt ein junger Student genau den gleichen Job machen? Warum sollte er auch so arbeiten müssen, wie ich gearbeitet habe, wenn es nicht genau das ist?

Julia: Ich finde ja auch so, man muss auch wieder vom technologischen Fortschritt sagen. Wir haben viel mehr Tools als vor 20 Jahren. Eigentlich müssten wir ja auch weniger arbeiten eigentlich. Oder halt anders arbeiten. Man muss ja nicht mehr, keine Ahnung – früher habe ich noch Sachen transkribiert – das muss ich doch heute nicht mehr. Es ist einfach anders geworden.

Moritz: Ja, also ich kenne es auch so ein bisschen aus meinem Praktikumszeit. Die E-Mail war da halt eher so das neue heiße Ding. Gerade erst hat Amazon noch mal Faxe verschickt und ich habe damals in einem Team mit vier, fünf Leuten gearbeitet und wir haben in einem halben Jahr einen Messestand gemacht. Diese Frequenz war nie wieder so gering wie damals. Also am Ende des Tages haben wir, also als ich dann noch da war, haben wir im Team mit vier, fünf Leuten haben wir parallel drei Messestände gehabt und noch mal so zwei, drei kleine Pitches. Also die Frequenz an den Projekten ist auch in meiner Zeit immer höher geworden. Also das ist muss man sich auch mal überlegen, macht es gerade Sinn? Kommen daher vielleicht diese ganzen Burn Out oder sind wir alle möglichen verweichlicht?

Julia: Ich glaube auch, dass wir so eine Nervensystem-Kreislauf. Irgendwann kann das Gehirn also manches nicht mehr filtern. Man braucht halt eher Ausgleich, wenn überall alles einprasselt. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Moritz: Ich persönlich mache das halt so: Wenn ich kreativ arbeite, sind meine Emails aus.  Mein Steuerberater ist geblockt. Jeder, jeder ist geblockt.

Volle Unordnung in der Agentur geht nicht. Ja, das heißt ich glaube, wenn du das jetzt nicht genau so bist du dauer-erreichbar. Du bist immer ansprechbar. Na gut, ich habe jetzt andere Nachteile. Also wenn ich in der Agentur im Urlaub in Urlaub gegangen bin und kam zurück, ist im besten Fall weitergearbeitet worden oder weiter gedacht worden bin ich jetzt. Ich habe ja auch seit sechs keinen Urlaub mehr so richtig gehabt, also nie wirklich so länger als eine Woche mal komplett frei oder zumindest im Kopf. Jetzt ist es so, wenn ich jetzt bin ich ja schon, also ich habe auch mal drei Wochen nichts gemacht, aber dann habe ich keinen Urlaub da geplant und habe dann meine Sachen weitergearbeitet. Also das ist so dieses wirklich mal eine Woche am Strand, ohne Handy, ohne Computer, das hatte ich schon seit Afrika nicht mehr.

Julia: Also willst du das? Fehlt dir das?

Moritz: Ich weiß nicht. Ich kenne es gar nicht mehr. Ehrlich gesagt, es müsste mich jetzt jemand dazu zwingen, glaube ich. Würde ich auch mitmachen. Aber solange mich jetzt niemand in meinem nahen Umfeld, der die Macht dazu hätte, mich dazu zu zwingen, es nicht tut, mache ich es auch nicht.

Julia: Solange es Dir gut geht. Also wenn du es nicht brauchst, solange du nicht fertig bist und grantig gereizt.

Moritz: Also ich habe heute wieder gemerkt, dass ich einfach ich bin. Ich bin seit drei Monate in Valencia. Und war erst zweimal am Strand? Gut, der ist auch eine halbe Stunde von hier. Mit dem Bus, mit dem Fahrrad, 20 Minuten zu Fuß, 50 Minuten. Hier geht man auch nicht so an Strand. Der Strand ist hier nicht das Geile in Valencia.

Also das ist jetzt auch mehr so eine Analogie. Ich kann mich auch hinsetzen, einfach nur lesen und chatten, auf irgendeine Art und Weise. Also das habe ich jetzt immer noch nicht. Gab diesen klassischen Urlaub früher. Oder der Urlaub eines Festangestellten, so drei Wochen im Sommer. Jetzt geht es nach Ibiza oder nach an die Nordsee oder sonst irgendwohin. Dann auch mal drei Wochen, dann rum und jeder liest.

Es wäre schon wieder super.

Julia: Vielleicht bist du das einfach nicht mehr und vielleicht wirst du dich einfach nicht. Ich weiß es nicht.

Moritz: Ich weiß es nicht. Keine Ahnung. Aber jetzt ist es so, wie es ist. Ist es auch ganz gut, oder?

Julia: Ja, Ich meine, jeder ist ja auch anders. Jeder regeneriert ja auch anders. Okay, aber jetzt mal schauen. Gibt es da irgendwas, was du dir wünschst?

Moritz: Zu meinem Leben oder meiner Arbeit?

Julia: So in deiner Art zu arbeiten. Gibt es das, wo du denkst, darauf hättest du total Bock und du weißt noch gar nicht, ob es das ist.

Moritz: Also dieses KI Thema. Das ist halt gerade das, was mich am meisten auf irgendeine Art und Weise beschäftigt, wie wir in zwei Jahren arbeiten werden, wie wir in drei Jahren arbeiten. Wenn wir überhaupt noch arbeiten können. Da reden bereits sehr, sehr viele Menschen drüber. Ich glaube, das wird auch passieren. Nur die Frage, wie es passiert, wird sehr, sehr spannend. Also ich will gar nicht darüber nachdenken, was ich in drei Jahren mache, weil ich glaube, es wird in drei Jahren ganz anders aussehen und Art und Weise. Ich würde mir wünschen, dass sie es hinkriegen, dass wir Menschen es hinkriegen, nicht mehr arbeiten zu müssen, wenn es möglich wäre.

Julia: Meinst du, dass die Menschen es nicht hinkriegen?

Moritz: Ich würde sagen: Also, ich würde es hinkriegen. Ja, ja, klar.

Ich würde alles genauso weitermachen wie bisher, aber ohne Kunden. Also wir reden wir mal von KI. Also eine Intelligenz, die die normalen Arbeiter ersetzt. Und dann irgendwie weitergedacht auf irgendeine Art und Weise. Wenn es in zwei, drei Jahren irgendwie aufpoppt und langsam anfängt, wird es richtig hart. Weil es werden ganz wenige Menschen erst ihre Jobs verlieren, dann werden die nächsten ihre Jobs verlieren und irgendwann hab ich eine Arbeitslosenquote von 30 % und das wird erst mal eine Vollkatastrophe. Deswegen bin ich ja der Meinung so schnell wie möglich das Ding durchziehen. Also jetzt. Wer gerade sagt, wir sollten einmal so ein bisschen pausieren: No. Vollgas. Also das ist so, es fängt halt schon an, ich weiß nicht, ob du in einem Bekanntenkreis Übersetzer hast oder Texte.

Julia: Ja, aber die sind jetzt schon lange keine Übersetzer mehr. Logischerweise.

Moritz: Genau. Und jetzt seit zwei, drei Jahren würde ich mal sagen: Übersetzer, Texter. Seit einem halben Jahr ist die Qualität irgendwo anders, vor allem bei Marketing Texten. Das wird einfach immer immer. Design Sachen funktionieren inzwischen sehr, sehr gut.

Konzeption, die ja nur inhaltlich logisch irgendwie funktionieren muss, können diese Language Models schon supergut machen. Also für mich ist es eine super Unterstützung.

Und weil du nach meinem Wunsch gefragt hast: Mein Wunsch wäre es wirklich, dass wir es schaffen, uns da irgendwie zu arrangieren und irgendwie so ein bedingungsloses Grundeinkommen hinbekommen. Ich weiß nicht, wie, aber das ist, also das ist eine der interessantesten Herausforderungen der nächsten 20 – 45 Jahre Und deswegen kann ich mir gar nichts wünschen, weil ich nicht weiß, wie es werden wird. Glaube ich zumindest.

Wünschen würde ich mir, dass ich mehr Kunst machen darf.

Ich mache ja immer irgendwas. Und dann veröffentliche ich das. Oder nicht? Und manchmal kommt halt ein Projekt, wo ich es anwenden kann. Oder manchmal fragt mich jemand. Ich habe hier eine Party. Kannst du irgendwas machen? Und dann ziehe ich mir irgendwas raus. So läuft das gerade eher auf eine Art und Weise. Und das würde ich vielleicht mal so ein bisschen mehr streamlinen. Also ich muss jetzt auch mein Portfolio mal ordentlich machen. Ich habe gar kein Portfolio. Ich habe seit sieben Jahren kein Portfolio. Allein das zeigt schon, wie meine Akquise funktioniert.

Julia: Einfach super.

Moritz: Aber ich muss trotzdem eins machen, weil ich ja dadurch dann so ein bisschen auch lenken kann, wo es hingeht. Und das ist jetzt genau das ist mein Wunsch, dass ich vielleicht auch mal die nächsten Monate Jahre schaffe, immer mehr zu lenken, wo es hingeht. Aber gerade habe ich das Gefühl auf einem Surfbrett zu stehen und weiß nicht, wo es hingeht. Es kann sehr, sehr spannend sein, aber irgendwann ist es auch so ein bisschen nicht unanstrengend vielleicht. Und daher würde ich mir wünschen, dass ich mehr steuern könnte, vielleicht doch meine Akquise mal irgendwie in Griff krieg, meine Projekte besser kommuniziere. Und solche Sachen. Das hat sich aber jetzt durch diese Vorträge, die ich jetzt für dieses ganze KI Thema die letzten Monate immer wieder mal gehalten habe. Da hab ich schon gemerkt, es hilft sehr, dass andere Leute mich kennenlernen für andere Projekte. Und das muss ich jetzt mal so ein bisschen streamlinen, weil gerade ist es wirklich so, das war jetzt noch nicht oft so, aber wenn jetzt kein Projekt da ist, hocke ich halt rum. Also wenn ich nichts zu tun habe, mache ich halt andere Sachen, bis wieder irgendwas kommt. Und das hat immer bisher sehr, sehr gut funktioniert und es kann auch mal anders laufen. Kann ich mir vorstellen. Irgendwann mal und dann würde ich auch gerne mal irgendwas haben, wo ich dann selbst entscheide: Mache ich das jetzt in diesem Moment?

Julia: Spürst du da manchmal sowas wie Angst oder Unsicherheit, wenn du rum hockst? Oder bist du dann so in deinem Spieltrieb, dass du einfach machst und ausprobierst?

Moritz Angst bisher noch nicht. Also Corona war mal kurz so ein Moment der Unsicherheit. Ja klar, die ist gleich bei jedem Freelance –  natürlich klar das ist gerade am Anfang ist es irgendwie sehr sehr schwierig, wenn man sich noch nicht den richtigen Puffer aufgebaut hat. Wenn man da irgendwie weiß, okay, jetzt Krankenversicherung wird morgen abgebucht und nächsten Monat auch. Und bisher ist noch kein neues Projekt da und das Jahr war schon ganz gut. Aber reicht es hinten raus? Da muss man irgendwie mal so ein bisschen reinkommen. Ich habe jetzt gemerkt, es hilft mir nicht, mir Gedanken zu machen. Es kam bisher immer irgendwas, ist schon immer irgendwie gelaufen.

Also hätte ich jetzt zwei Kinder in der Grundschule, würde ich jetzt in München leben und eine Vier-Zimmer-Wohnung abzubezahlen, würde ich, wäre ich kein Freiberufler und das muss ich halt auch dazu sagen, Da wär ich nicht der Richtige dafür oder müsste mich ganz anders verkaufen oder viel, viel strukturierter und professioneller auftreten. Und wirklich auch meine Kommunikation im Raum Kreative Technologie, Markenkonzeption, ja Beratung. Oder hätte ich so eine Website, die wirklich alles genau erklärt, die könnte ich rumschicken. Also ich müsste und würde natürlich auch mehr Akquise machen, um alles mehr gesteuert zu kriegen. Weil da hätte ich dann eine größere Unsicherheit und da hätte ich jetzt irgendwie im Hinterkopf einen Kredit für 2.000 € im Monat, für irgend so eine Bude in München und Garage, dann wäre ich nicht so entspannt gewesen.

Julia: Und auch noch mal kurz zur Unsicherheit. Also das habe ich auch schon von mehreren gehört. Du sagst einfach, es kommt dann erstmal bringt gar nichts, sich krasse Gedanken zu machen. Du hast deine Zahlen schon im Blick, aber du bist jetzt da auch nicht so, das soll ich keine Ahnung tagelang rumschleppen, sondern du machst es dann einfach – also wie machst du das?

Moritz: Also ich habe so ein bisschen im Blick, was ich brauche in dem Moment und für mich im Alltag. Und das ist eine gewisse Summe. Wenn ich die habe, bin ich entspannt und die ist jetzt nicht, die ist jetzt nicht super gering, aber die ist auch nicht super. Viel weniger als mein Gehalt, mein letztes Gehalt in Festanstellung. Ich muss weniger verdienen als das. Und damit habe ich meine Rente gemacht und mein Leben irgendwie, meine Wohnung bezahlt und meine anderen Sachen, die ich brauche. Und wenn ich den erreicht habe, diesen Standpunkt, dann bin ich entspannt und alles, was on top kommt, ist halt mein Verdienst übers Jahr. Das hat bisher immer so halbwegs gut funktioniert, diese Rechnung und es entspannt einen auch, weil man einfach weiß, okay, jetzt mal rein hypothetisch ein Jahr passiert gar nichts. Dann habe ich vielleicht jetzt inzwischen nach acht Jahren doch irgendwo so einen Puffer, der mich da irgendwie weiterdreht. Und unter uns vielleicht würde es mir auch mal ganz gut tun, weil ich dann auch wieder neue Sachen anfange, weil ich gezwungen werde, wieder neue Kontakte irgendwie mal oder da mal hinzugehen und da mal hinzugehen, weil gerade ist es echt sehr, sehr wild. Das ist so, wie gesagt, ich weigere mich, mich festzulegen, weil sonst fragt man ich mich natürlich nicht mehr, ob ich das kann.

Julia: Moritz, mir macht das Gespräch mit dir total Spaß. Vielen Dank, dass du da warst. Ich war ein bisschen aufgeregt bei der Aufnahme, weil es das erste Online Interview war und sich das dadurch für mich ein bisschen mehr nach Arbeit angefühlt hat und nicht so nach entspannten Zusammensitzen und einfach quatschen. Mega cool.

Wie immer freue ich mich total über Feedback, weil für mich ist das ganze Podcast Projekt ja auch ausprobieren. Einerseits will ich Leuten Mut machen, ihr eigenes Ding zu machen und auf die Beine zu stellen und andererseits ist es natürlich auch ein Ausprobieren. Zum Beispiel wie lang sind die Folgen? Gut. Die erste Folge war ne halbe Stunde lang, die zweite ist jetzt über eine Stunde. Ich glaube, ich könnte mit Moritz noch drei Stunden weiter quatschen. Was würde mir persönlich nie langweilig werden. Ich freue mich einfach, wenn ihr mir ein Feedback schreibt, wenn ihr Anregungen habt und freue mich auch, wenn ihr das nächste Mal wieder zuhört.

 

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Julia: Willkommen zur zweiten Folge vom Podcast auf eigenen Beinen. Mein Name ist Julia Krivachy und ich interviewe Leute, die im Kreativ- und Kulturbereich etwas eigenes auf die Beine gestellt haben. Ich freue mich sehr, dass heute Moritz Pongratz zu Gast ist. Er ist Designer, Erfinder und ihr werdet gleich mehr hören, was er alles macht.

Am besten springen wir gleich direkt hinein. Also erst mal Moritz, Was machst du eigentlich für Leute, die dich nicht kennen? Was machst du? Seit wann bist du selbstständig? Das wäre so die erste Frage.

Moritz: Was mache ich denn eigentlich? Also ich bin mir da selbst gar nicht mal richtig so sicher, ehrlich gesagt, was ich genau mache. Ich tue mir auch wahnsinnig schwer, mich da einzugrenzen, weil wenn dann Sachen kommen, die ich nicht mache und ich vielleicht machen möchte, werde ich die nicht kriegen, weil ich ja immer sage, ich mache nur das. Da habe ich schnell gemerkt, dass ich mich am liebsten eigentlich gar nicht genau sagen möchte, was ich mache.

Also klar, Kreativbereich, Designbereich, Kundenkommunikation, interaktive Sachen. Da gibt es einen neuen Beruf, der nennt sich Creative Technologist – also, dass ich viel mit Technologie arbeite und Kommunikation immer mit Technologie denke, auf irgendeine Art und Weise. Da kam ich so ein bisschen drauf, weil ich einfach auch viel für Automotive in meiner Zeit gemacht habe.

Um mal Deine Frage zu beantworten: Wenn man mich fragt: Was machst du denn eigentlich? versuche ich immer nicht zu antworten, weil sonst Sachen an mir vorbeigehen, die ich vielleicht doch gerne machen musste würde und von denen ich nichts wusste.

Und ich möchte, dass mir die Entscheidung jemand abnimmt, was ich mache oder nicht mache. Deswegen werde ich auch sehr gerne gefragt: Hey, kannst du so was, machst du so was? Und ich würde sagen: Zu 90 % sage ich sage ich auch immer Ja. Ja, weil es dann Herausforderungen sind.

Deswegen kann und möchte ich vielleicht die erste Frage gar nicht mal so richtig beantworten. Also ich mache gern cooles Zeug. Ja, wenn das hilft. Also das ist schon mal, glaube ich für mich eine große Motivation. Vorher vor Geld und anderen Dingen. Cooles Zeug, Sachen, die, die funktionieren, Die, die gedacht sind, die kein Müll sind und noch mehr.

Ich habe den letztens was in einer Doku gehört – das war so ein Film über dieses Blackberry Handy. Also so ein Hollywoodfilm, der diese Blackberry Story erzählt hat und davon, dass diese Firma komplett viel Mist gebaut hat, um dann komplett unterzugehen und nie wieder da zu sein, obwohl sie einmal der größte Handyhersteller war. Hintergrund, warum die so ein geiles Gerät hatten am Anfang, weil der Chef gesagt hat: Qualität ist das Wichtigste und er möchte nicht zum Rauschen in dieser Welt hinzufügen, er möchte nicht noch mehr Blödsinn haben, mehr Rauschen, mehr Billigprodukte und sonst irgendwas.

Deswegen war das erste Blackberry ein Qualitätsprodukt. Die haben dann irgendwann den Fehler gemacht, es dann in China zu produzieren. Da kam so ein Plastikshit zurück, der irgendwie geklappert und gerauscht. Und das ist so, es hat mich so wahnsinnig beeindruckt. Aber das habe ich gemerkt.

Julia: Okay, cool. Es ist, finde ich, auch als Antwort ganz schön, dass man in seiner Arbeit nichts mehr dem Rauschen hinzufügen möchte.

Moritz: Du, ich mache auch ganz viel Bullshit. Ich mache das für Automotive. Also zum einen so einen Messestand von fünf Jahren, das war das reinste Rauschen, diese Dinger, haben aber auch ihre Berechtigung natürlich. Aber wenn man mich jetzt fragen würde, würde ich sagen, manche Dinge könnte man anders denken. Und eben als Freiberufler und Selbstständiger kann ich das zwar immer noch nicht 100%ig, weil ich muss ja auch Geld verdienen, aber ich kann mehr selektieren und vielleicht meine Kunden und Auftraggeber auch ein bisschen mehr in so eine Richtung bringen. Warum ich etwas so machen möchte, wie ich es mache.

Julia: Das klingt jetzt ein bisschen wie “Ich weiß, dass ich nichts weiß“ – Ich will nichts dem Rauschen und Rauschen hinzufügen. Richtig schön. Moritz. Eigentlich gibt es viel zu viel Rauschen auf der Welt.

Also dann sage ich mal, woher ich dich kenne und warum ich dich frage. Weil Leute, die sich jetzt nicht in der Branche auskennen, verstehen das vielleicht gar nicht mehr. Also ich kann nicht als Designer vom KMS Team. Und Du bist seit 9 Jahren selbständig.

Und seitdem bist du ja einerseits Freelancer Designer, andererseits hast du auch wahnsinnig viel eigene Sachen gemacht, oder? Also was ich dann von außen betrachtet, ohne dich jetzt näher zu kennen, immer ganz cool fand. Und dann warst Du auch in der ADC Jury, hast mir dann aber auch erzählt, dass du damit aufgehört hast, weil du es gar nicht mehr so spannend fand.

Moritz: Also aufgehört würde ich jetzt so nicht sagen. Ich hab mich selber nicht mehr darum gekümmert. Das ist ja so, der ADC ist ein Branchenverband, viele tolle Designer und Kreative und auch Geschäftsführer von irgendwelchen Agenturen oder großen Konzernen sind da mit drin.

Ich habe da nur irgendwann gemerkt, ich müsste mich, um dann auch eine Berechtigung zu haben, in der Jury zu sitzen und für diesen Verein zu sprechen, auch mehr mich involvieren. Ich bin aber kein Vereinstyp. Das klingt ganz komisch, aber ich komme auch vom Dorf und war auch mal im Tennis- und Fußballverein. Halt so klassische Vereins-Sachen. Ich finde so was toll, aber ich tue mir immer schwer, das so jede Woche zu machen.

Ich mache Dinge gern nach Interesse, wenn sie meinen Beruf betreffen. Der ADC ist ein toller Laden und ich war da drei, viermal in der Jury am Anfang und seit fünf, sechs Jahren habe ich mich auch gar nicht mehr wirklich beworben und auch nicht mehr richtig integriert. Deswegen, wenn ich mich jetzt praktisch in der Jury bewerben würde, würde ich gar nicht reinkommen, weil die mich gar nicht mehr kennen.

Julia: Lustig, weil so ein Titel, den ich immer im Kopf hatte für dich, war: Wie bleibt man so ein freies Radikal? Weil ich das Gefühl habe, eigentlich wollen die Leute immer was mit mir machen. Aber ich habe das Gefühl, du lässt dich nicht so richtig vereinnahmen. Also irgendwie ist mein Eindruck, du willst auch mal frei bleiben und dein eigenes Ding machen.

Und wie du vielleicht vorher sagtest, dass auch wenn du Automotive Objekte machst, um Geld zu verdienen, willst auch deine eigenen Sachen weiterentwickeln. Ich will nicht sagen, im Verborgenen, weil so verborgen ist es nicht, aber Du machst es dann einfach so und dann kommt irgendwann ein geiler Shit an die Welt, so wie Deine Kunstausstellung, wo du einfach jahrelang selber für dich was entwickelt hast ohne dass dir jemand das gesagt hat.

Moritz: Das kam, ja genau, das kam so ein bisschen aus eigenem Antrieb heraus, dass ich halt, wenn ich Sachen gut finde, mich damit beschäftige. Und ich liebe Design und mache gerne Design. Und ein Hobby von mir ist Technologie und es geht immer schon zusammen. Also das ist, ich weiß es gar nicht.

Mein alter Professor hat mal gesagt: Designer ist eine Lebenseinstellung. Es ist vielleicht ein bisschen übertrieben. Aber ich weiß, was er damit gemeint hat. Also ich kenne Designer, die gehen abends um 18:00 nach Hause und dann sind sie keine Designer mehr – das ist auch völlig in Ordnung und ich beneide so was ehrlich gesagt auch ein bisschen. Aber bei mir ist es halt leider kein Beruf. Also ich mache das, was ich machen möchte und es wurde zu meinem Beruf. Das ist auch so ein bisschen blöd. Wenn man sein eigenes Hobby zum Beruf macht, dann hat man nichts mehr. Aber daher kam das so ein bisschen eben dieser Antrieb, neue Sachen zu sehen, auch mal Sachen auszuprobieren.

Und ich hab halt in der Zeit, was du auch vor meintest, da haben wir uns ja kennengelernt. Ich habe diese Zeit da geliebt, also war ich habe da bei jedem Projekt irgendwie versucht mitzumischen als junger Praktikant und Juniordesigner und da war einfach so viel. Es war ein Riesenspielplatz und ich durfte auch noch da bleiben, wenn alle gegangen sind.

Was ich meine, das war aber freiwillig. Das ist halt dieses dieses Leben damals gewesen ist, weil jeder war freiwillig da, war so eine Crew irgendwie und dann habe ich irgendwann aber gemerkt: Okay, wir haben trotzdem bei so einem Konzeptprojekt oder bei einem Museum oder bei einem Messestand nicht arg viel Zeit, wirklich Neues, Neues, weil um Neues zu machen.

Um Neues zu machen, musst du auch neue Sachen ausprobieren, die noch keiner ausprobiert hat. Und ich habe dann relativ schnell, nach vier, fünf Jahren gemerkt, dass wir eigentlich auch nicht nur, aber viel auch immer so iterieren und sagen: Das ist cool und das ist cool und dann bauen wir das irgendwie zusammen und jeder hat irgendwie die Idee im Kopf, auf irgendeine Art und Weise. Und ich habe lange gezehrt von Arbeiten, die ich im Studium gemacht habe. Ich habe lange gezehrt, von irgendwelchen Festivals, die ich mitgemacht habe, wo ich Sachen gesehen habe, und habe einfach gemerkt: Okay, ich nehm‘ und nehm‘ aus dem Kreativbereich und ich gebe irgendwie gar nicht so viel zurück, weil jetzt so ein Messestand ist ja nicht für die Kunstszene oder die Designszene, sondern es ist ja eine Markenkommunikation für diesen Konzern und dessen Kunden.

Da stehe ich dann immer so außen vor dem und denk: Also ich hab‘ gar kein Auto – und das war so der Hintergrund. Dann habe ich auch so ein Beispiel: Bei Google war das eine lange Zeit so dass Google gesagt hat, die Mitarbeiter können 20 % ihrer Arbeitszeit eigene Projekte entwickeln, wo sie denken, die bringen den Konzern weiter aus diesen. Bei Google zum Beispiel ist daraus Gmail entstanden. Also Gmail war eine Idee von einem Dude, der gesagt hat: Hey, wir haben eh schon so viele Server oder irgendwie in die Richtung, ich kenn die Geschichte nicht ganz genau, aber das war zum Beispiel eines der der coolsten Sachen und ich bin damals zu meinen Chefs gegangen und hab gesagt: Okay, das müssen wir auch machen.

Den ganzen Freitag entwickeln wir Sachen, die die Agentur weiterbringen und die haben dann gesagt: Nö, können wir nicht, haben wir nicht. Und ich hab‘ das damals natürlich schon verstanden, warum das nicht geht. Aber es war für mich so ein bisschen: Okay, wenn es hier nicht geht, geht es nirgends. Also wenn es in diese Agentur nicht kann, die an sich schon relativ frei und kreativ denkt, dann geht es bei der erst recht nicht und bei keiner anderen auch nicht. Und das ist jetzt kein Diss gegen Agenturen, aber die haben halt einfach ein Tagesgeschäft, die müssen Umsatz machen, die haben ein gewisses Budget. Man muss die Kunden auch nicht immer überrennen mit krassen Ideen, sondern vielleicht will da auch mal nur was ordentliches sauber gemacht bekommen.

Und da hab‘ ich gemerkt, hier könnte ich jetzt alt werden, aber da wollte ich nicht alt werden und da musste ich einfach kündigen, um einfach mal so ein bisschen zu merken: Was möchte ich denn jetzt machen? Und dann fing es so ein bisschen an, dass ich halt so Sachen, die mich immer interessiert haben, damals zu dem Zeitpunkt schon immer KI, habe ich mich halt mal nächtelang hingesetzt und aus eigenem Antrieb heraus gelernt, wie KI funktioniert und Papers gelesen und andere neue Technologien. Hab dann so kleine Sachen gebastelt, hab irgendwelche Videos veröffentlicht und dadurch kam ich dann auch wieder über Kontakte, die ich eh schon hatte wieder an Positionen, wo ich hab gefragt wurde: Ach du kannst so was, das muss ich für uns machen.

Und es ist irgendwie so aus dem Antrieb heraus passiert, dass ich neue Sachen machen wollte. Und ich versteh meine alten Chefs total, dass die sagen: Nee, können wir nicht machen. Also wenn wir jetzt jeden Mitarbeiter ein Tag frei geben für irgendwelche Sachen, da kann schon mal irgendwann in paar Jahren mal was bei einem passieren. Aber die größten, die meisten haben auch gar nicht diesen Anspruch oder wollen das vielleicht auch gar nicht. Und das ist in einem Agenturumfeld kann das nicht richtig funktionieren auf diese Art und Weise. Man kann Praktikanten immer mal wieder so ein bisschen forschen, aber am Ende des Tages, wenn eine Messe vor der Tür steht, weißt du es ja, das ist, dann gibt es eine Prio und die Prio ist immer auf Messe.

Julia: Ja, da ist hab auch keine Zeit auszuweichen und was anderes zu machen.

Moritz: Genau, und da hab ich halt gemerkt, okay, wenn ich was ändern will, muss ich das halt alleine machen und hab es erst mal angefangen. Das läuft irgendwie. Ich bin mir auch total unsicher, warum das so ist. Ich kann jetzt auch kein Buch schreiben, wie man erfolgreich Akquise oder so sowas macht. Das kam jetzt alles immer so, ich fühle mich auch sehr glücklich. Also ich bin da in einer sehr, sehr glücklichen Position, dass da immer noch Leute auf mich zukommen, die so was wollen, ja irgendwo gesehen haben oder von mir gehört haben.

Julia: Aber schon spannend, wie du das dann für dich selber schaffst – mal Jobs zum Geld verdienen machen, aber dir trotzdem die Zeit nimmst einfach dein Ding zu machen. Also ich meine, es wirkt ja von außen so leicht und mit Spaß verbunden. Und jedes Mal, wenn wir uns dann wieder hören, hast Du irgendwas Neues gerade am Start oder du bist woanders. Also es hört sich immer so von außen schon nach Spaß an, so dass du einfach dein Ding machst und einfach nur im Flow bist und guckst, was passiert. Und dabei aber trotzdem dir selber treu bleibst und deine Ideen halt einfach weiter bringst, ohne zu wissen, was draus wird.

Moritz: Also das muss man sich auch so ein bisschen erarbeiten und dadurch habe ich halt auch Nachteile auf irgendeine Art und Weise. Also ich bin sehr ungebunden und ich muss ungebunden sein, um eben diese Freiheit zu haben. Wenn ich jetzt sage, ich muss jetzt Geld verdienen, dann ist das erstmal primär nur für mich auf irgendeine Art und Weise. Und das haben ja auch jetzt durch Corona viele Agenturen und Kunden gelernt, dass Remote Arbeit auch sehr gut funktionieren kann, wenn man es ordentlich macht oder gut plant. Und deswegen bin ich gerade in Valencia. Kann man gar nicht auf eine Sache runterbrechen, warum das so ist. Es kam jetzt irgendwie so und ja, ich fühle mich, fühle mich irgendwie ganz gesegnet damit.

Julia: Ich finde es auch voll schön, wenn man halt so lebendig bleibt. Weißt du, ich finde manchmal ist es auch so, Du fängst an zu arbeiten, und nach 5 bis 10 Jahren denkst: war’s das jetzt? Ich habe das Gefühl, du hast es immer gefühlt, wenn es für dich nicht mehr so das Richtige war. Ohne jetzt auch jemanden böse zu sein, weil ich finde, das ist schon auch eine Kunst, aus einer coolen Agentur zu gehen. Die haben dich ja auch geliebt. Und dann trotzdem irgendwie im Guten zu bleiben und weiter Projekte zu machen und vielleicht auch in dieser ganzen Agenturwelt von außen betrachtet trotzdem mit allen gut zu sein, ohne jemand jetzt auf die Füße zu treten.

Moritz: Manchmal muss ich auch Sachen ignorieren. Ich kann niemandem jetzt irgendwie nacharbeiten, oder ich kann jetzt nicht eine Agentur über eine andere stellen. Das scheitert sonst super schnell. Ich habe inzwischen auch viele andere Agenturen. Das ist das, was ich vorher meinte, dass ich jetzt eben durch diesen klassischen Kommunikation im Raum Bereich, den ich halt vor sechs, sieben Jahren auf der Agenturseite hatte, bis in meine Freelancerzeit mit rein geschleift habe. Also bei mir ist es ja immer so, ich mache nie das gesamte Projekt, ich mache entweder eine Konzeption oder ich unterstütze das Team bei der Konzeptionsfindung und dann der Visualisierung, um den Pitch oder das Konzept zu gewinnen. Und dann bin ich meistens raus.

Das mag ich auch ganz gerne, weil zwischen Fertigmachen und Konzipieren sind einfach Riesenwelten. Und ich habe immer so das Gefühl, wenn ich weiß, dass ich der bin, der das fertigmachen muss, macht man es sich auch so ein bisschen einfacher, dann macht man jetzt nicht so einen fancy Messestand aus 20 Plexiglasplatten, die irgendwie gefräst sind mit Licht-LEDs. Also schwierig zu sagen, aber ich habe so das Gefühl, wenn ich weiß, ich muss es auch umsetzen über ein Jahr hinweg, dann fängt man schon in der Konzeption an, Sachen weniger komplex zu bauen, habe ich manchmal das Gefühl.

Julia: Ja, plus wie du sagst Wenn du frei und ungebunden bist, willst Du vielleicht auch nicht ein Jahr einen Messestand bauen, sondern ein bisschen lieber konzipieren. Und die Idee geil machen.

Moritz: Also ich beneide Menschen, die so was können und gerne machen. Also es gibt klar, diese Messestände müssen ja auch alle irgendwie entwickelt werden, dann hinten raus und Konzept heißt ja noch nicht, dass es wirklich am Ende so wirkt.

Es ist ja vielleicht eher meine Richtung und die kann sich ja auch im Prozess irgendwie durch andere Kommunikation vom Auftraggeber irgendwie ändern. Auf der einen Seite beneide ich das, weil ich habe auch Bekannte in meinem Freelancer Bereich, die halt einfach zwei Projekte die nächsten zwei Jahre lang machen, bei denen sie die nächsten zwei Jahre einfach sauber, super safe gebucht und die wissen, was sie haben werden. Die brauchen keine neuen Kunden. Da ruft halt nicht irgendjemand nachts an und ist total aufgeregt, sondern die haben jetzt ihre stetige Arbeit.

Ja, bei mir ist es halt eben so, auf der einen Seite würde ich wahrscheinlich nach einem Jahr durchdrehen, wenn ich das gleiche Projekt machen würde. Das ist leider so eine Eigenschaft von mir, wo ich dann die Konzentration auch irgendwann mal verliere, wenn nichts neues kommt. Aber auf anderen Seite beneide ich die so ein bisschen, weil das bringt auch viel Ruhe rein. Und so wie ich arbeite und so wie ich Konzepte mach, ist da nicht viel Ruhe drin.

Julia: Dafür hast Du halt diese Freiheit und Ungebundenheit, so wie du redest, kann ich mir jetzt auch nicht vorstellen, dass du ein Jahr oder zwei Jahre im Voraus verplant bist. Es nimmt ja vielleicht auch dieses Ausprobieren und eben nicht wissen, was kommt. Es gibt ja auch so eine gewisse Freiheit, einfach was Neues zu machen.

Moritz: Ja gut, ich bin ja noch super krass jung deswegen.

Julia: Du bist ja erst 23.

Moritz: So ungefähr, ja, gefühlt 23. Ich bin nicht so genau. Das kann ich auch noch. Und wenn ich dann irgendwann, mit Mitte 50, mach ich dann vielleicht mal einen Messestand fertig. Ich weiß es nicht, so zur Rente? Ich weiß es nicht. Der Messestand ist jetzt eher so ein Platzhalter für ein Großprojekt, ich mache gar nicht mal immer nur Messestände. Die habe ich lange gerne gemacht und auch sehr viele tolle Leute dabei kennengelernt. Sonst wäre ich jetzt auch hier in dieser Position nicht.

Also diese Position ist ja keine, aber sonst würde man mich nicht irgendwo kennen und ich hätte coole Kontakte mit Architekten, mit den Dienstleistern, Agenturen oder auch auf Kundenseite irgendwie geknüpft, aber dann halt das Vertrauen irgendwie da ist.

Es hilft einfach und da war halt die Agenturzeit unbezahlbar für mich. Ich bereue diese Zeit überhaupt gar nicht. Ich habe da so viel von guten Leuten gelernt. Ich mein, das ist dann was. Du hockst da irgendwie in so einer Reihe mit 20 Leuten und da hinten hockt einer, der kann eine Sache unglaublich gut. Und wenn du dann mit dem einfach da gehst, halt rüber und hockt sich so 20 Minuten neben denen, lässt du das erklären, Das hast du. So viel Wissen kann man über Internet und YouTube Tutorials gar nicht verteilen. Das ist einfach das Plus.

Julia: Ich fand dann auch die Kollegen und das Miteinander einfach wahnsinnig lustig. Also früher wollte ich immer so einen seriösen Job, weiß nicht, in einer internationalen Organisation und dann laufen die alle in so Kostüm rum und sind alle so ernst und es dauert alles so lange. Mir kommt halt vor, die Agenturwelt ist auch schneller und es werden halt schneller Entscheidungen getroffen.

Moritz: Ja, ja, das stimmt schon. Was ich meinte, mit Homeoffice und von überall aus arbeiten. Das funktioniert bei Umsetzung und es funktioniert, wenn mir Projekte rüber geworfen werden. Aber was es nicht mehr gibt, also klassische Kreativmeetings, wo früher in einem Raum zehn Leute standen und ganz viele Pappen und Bilder sind und man redet einfach mal drei Stunden. Es funktioniert online nicht. Also ich verstehe manche Agenturen, die sagen, wir wollen das vor Ort haben, kreativ mitmachen oder gewisse Arbeitsprozesse, vor allem in der Konzeption.

Julia: Plus ich finde auch, das menschliche. Es ist einfach manchmal nett, wenn man nebeneinander sitzt, aber redet dann auch über was anderes und man ist auch nicht so fokussiert. Man geht dann noch Kaffeetrinken um herum, quatscht so genau.

Moritz: Man redet immer irgendwie weiter. Und ja, wenn man jetzt praktisch sagt, okay, jetzt hat man eine Stunde Kreativmeeting, da machen wir den Computer aus, dann ist es weg, dann ist die ganze Energie, die da mal irgendwo drin war, ist dann auf einmal weg. Jeder für sich irgendwie rum und vielleicht muss man auch den richtigen Weg finden. Vielleicht schafft es die nächste Kreativgeneration ja. Obwohl ich so jung bin, bin ich dafür wahrscheinlich zu alt, um zu lernen.

Julia: Das ist doch auch so Stichwort Du wirst sicher mal 100 und dann kannst Du mit 80 dann noch einen Messestand machen.

Moritz: Ich will jetzt echt nicht 100 werden.  

Julia: Okay, jetzt mal drei Schritte zurück, also Du bist ja Einzelunternehmer. Also du machst immer deine eigenen Dinge, du freelancest.

Moritz: Ja, Ja.

Julia: Und eigentlich ist auch, wie das alles gewachsen ist. Du hast ja schon gesagt, dass Du am Anfang Kommunikation im Raum, Stichwort Messestand, gemacht hast und jetzt machst du euch andere Sachen. Also du musst auch nicht ins Detail gehen und ich glaube, manche Sachen sind auch eher so vertraulich, die du machst, aber du entwickelst ja immer noch mal neue Sachen.

Moritz: Ich habe gemerkt, inzwischen muss ich immer ganz am Anfang sagen, ich habe mal kurz Informatik studiert, damit alle verstehen: Ah! Du bist ja nicht nur Designer. Ich werde dann immer gefragt, warum ich mich so viel mit Computern auskenne. Und da habe ich gemerkt: Okay, es hilft den, dass ich mal ein Semester Informatik studiert habe.

Julia: Aber bist Du nicht auch Elektriker? Das habe ich doch neulich gelernt – das wusste ich noch gar nicht.

Moritz: Ja, ich habe diesen zweiten Bildungsweg, also Realschule, Fachabitur und dann studiert. Und mein Fachabitur habe ich in Ulm gemacht, an einem Berufskolleg oder Fachhochschulreife zusammen mit einer Ausbildung. So ein duales Ding war das. Du machst auf der einen Seite eine Ausbildung als Elektrotechniker oder als elektrotechnischer Assistent, glaube ich. Ich habe dieses Zeugnis, glaube ich, nicht abgeholt. Ich wollt halt, aber ich habe das eigentlich primär nur gemacht, um zu studieren. Aber ich war halt immer so ein Computerkind, ein Computerkind, aber witzigerweise nur nachts, tagsüber war ich dann draußen und Skateboard fahren. Deswegen ist es keinem aufgefallen. Und nachts war halt der Computer irgendwie da.

Julia: Dann hattest Du wahrscheinlich solche Augenringe, weil du nicht mehr geschlafen hast.

Moritz: Ja, genau so in die Richtung geht das doch schon ein bisschen. Also ich glaube, meine Schule, meine schulische Leistung ist da so ein bisschen hängen geblieben, aber im Endeffekt hat es ja nichts geändert. Und dann dachte ich mal ganz kurz: Okay, Informatik ist es halt nicht für mich.

Ich wollte eigentlich schon immer so ein bisschen Design studieren. Ich komme aus Ulm ursprünglich und da gibt es die HSG und dann habe ich irgendwie in jungen Jahren auch so ein bisschen gelernt, was Otl Aicher an der Olympiade gemacht hat und da ist die Designhochschule gewesen, die war wahnsinnig weltweit bekannt und da kam ich dann irgendwie immer auf dieses Design Thema so ein bisschen und hab meinen Computer und meine Computer Skills als zwölf, 13, 14jähriger immer so für Grafiksachen benutzt.

Mit den ersten Vektorprogramme irgendwie ein Muster, also Pixel.Bilder gemalt. Auch natürlich viel Game oder so, aber irgendwie Sachen produzieren, die dann irgendwo rauskommen und auf dem Bildschirm sind. Dann habe ich kurz Informatik studiert, weil ich einfach zu doof war oder zu faul war, mit eine Design-Mappe zu machen. Es war auch nicht unaufwendig, ich hatte auch keine Zeit gehabt. Es gab immer was, was weiß ich – Frauen, ich weiß es nicht mehr und ich glaube meine erste Freundin hatte ich dann damals und dann war ich angemeldet, dann hab ich halt Informatik kurz mal studiert, ein Semester, habe auch mit einem Freund von mir angefangen und ich habe auch schon der ersten Woche gemerkt: Das ist es nicht. Also einmal wegen der Mathe, das hat sich nicht geändert. Also ich habe inzwischen auch ein super hohes Interesse an Mathematik und ich merke auch inzwischen, also hätte es damals YouTube gegeben, was es einem ein bisschen anders erklärt, wäre das sicherlich anders gelaufen. Aber ich habe einfach gemerkt: Okay, ich habe wahnsinnig viel Interesse an Computern, aber mir fehlt der Zugang zu höherer Mathematik. Also das Grundverständnis, was ich wirklich brauche, um Informatiker zu werden, das liegt mir nicht wirklich. Und es waren halt einfach auch andere Menschen, also in diesemStudium, und mir war das halt mal wichtig, irgendwie auch mal rauszukommen aus meinem kleinen Dorf und irgendwie zu studieren und hin und her.

Also ich habe dann Informatik abgebrochen und habe mich dann hingesetzt und mir eine Design.Mappe gemacht, habe mich an mehreren Hochschulen beworben, wurde an drei aufgenommen, habe die Aufnahmeprüfung gemacht und hatte dann drei Plätze.

Aber dann bin ich damals mit meiner Freundin sind wir an dem Wochenende zu diesen ganzen Hochschulen gefahren. Hab‘ mit den Leuten da irgendwie gequatscht und hin und her und am Ende waren wir noch mal in Schwäbisch Gmünd, wo ich mich gar nicht beworben hatte und da war es am geilsten.

Also da haben die Diplomanden ihre eigene Villa, jeder hat ein eigenes Büro. Es ist so schön im Grünen, in der Schwäbischen Alb. Wir haben damals irgendwie gegrillt. Das war zwei Wochen vor ihrer Diplomabgabe. Die haben so ein bisschen erzählt, also die Stadt ist doof, aber das Geile ist ja, da sind halt nur Designer und du redest den gesamten lieben langen Tag über Design. Die Ausbildung ist super. Und ich war so hin und hergerissen zwischen: Ich geh jetzt nach Konstanz, nach Mainz oder nach Berlin oder halt auf die Schwäbische Alb. Und ich komme halt aus Ulm.

Julia: Aber hattest du Dich dann überhaupt beworben?

Moritz: Ich habe dann in Schwäbisch Gmünd angerufen, habe gesagt: Hey, ich wurde in Konstanz und in Mainz genommen – nehmt ihr mich auch? Da haben sie gesagt: Schick mal rüber, deine Prüfungs- und deine Punktezahl. Dann habe ich die rübergeschickt. Hat funktioniert. Also ich hatte ja die Prüfungen. Also es war damals zumindest so, für Hochschulen galt eine Prüfung für alle Hochschulen und das System. Und vielleicht ist da jemand abgesprungen. Vielleicht habe ich den mal irgendwie überzeugt. Vielleicht, weil ich aus Ulm komme. Ich weiß es nicht. Aber ich bin irgendwie so reingerutscht und es war das Beste, was mir persönlich passieren konnte, weil da habe ich dann wirklich Sachen gelernt. Also das war wirklich ein ganz kleines Dorf und auf jeder Party und überall hast du nur erst mal nur Hauspartys gehabt. Eine Kneipe, da waren nur Designer da. Der Austausch war phänomenal.

Julia: Schon eine krasse Bubble, oder? Ich meine, es ist schon cool, wenn man so mit allen anderen, die vielleicht ähnlich denken, zusammen ist. Das macht ja wirklich was aus. Also qie du dich auch entwickelst, wenn du mit anderen zusammen bist, die auch vielleicht ähnlich denken, aber ganz andere Impulse haben.

Moritz: Ja, also das ist wahr. Das klingt jetzt übertrieben, aber ich bin da irgendwie angekommen. Nach einer Weile dachte ich mir: these are my people. Also ich habe auch Freunde in Informatik gehabt und sonst irgendwo. Aber ich bin zum ersten Mal in den Raum reingelaufen, wo ich dachte: Oh Gott, die sind alle so wie ich. Ob das positiv ist oder negativ, weiß man jetzt nicht genau, aber ich habe sofort meine Leute gefunden. Das war irgendwie so, die waren da, weil die das Gleiche machen wollten wie ich. Und klar gibt es immer wieder Unterschiede, auch von der Herangehensweise und vom Grundcharakter. Aber das waren Leute, die coole Sachen machen wollten und wir haben coole Sachen gemacht, meiner Meinung nach.

Julia: Und kommt dann daher auch so deine Ausprobierhaltung, weil du hast ja vorhin gesagt, dass du eigentlich bei der Arbeit irgendwann gemerkt hast, dass du von Sachen zehrst, die du noch aus dem Studium oder von Festivals kanntest. Kommt es auch daher oder hattest du das schon davor, dass du einfach mal was ausprobieren wolltest?

Moritz: Also ich habe irgendwann gemerkt, dass ich im Büro, glaube ich, noch nie eine gute Idee hatte. Also alle, alle, alle Projekte, wo ich jetzt sagen kann, so dass die Konzeption oder die Konzeptionsidee von mir gewesen ist, habe ich irgendwie entwickelt, war immer außerhalb meiner Arbeitszeit und mit dem Sketchbook im Park, beim Fahrradfahren, abends im Fernseher, beim Computerspielen, mit Freunden treffen und denen irgendwas erzählen und dann da die Idee haben. Ganz oft habe ich schon Ideen ja vorher gehabt, wie die einfach nur in irgendwelchen Zettelkasten geschrieben und dann irgendwann, wenn ein Jahr später wieder ein Projekt um die Ecke kam, hab ich halt mein Zettelkasten rausgezogen. Ich habe da mal irgendwann eine Idee gehabt und es waren eigentlich alle großen Projekte. Jetzt hatte ich schon ein halbes Jahr vorher die Idee von irgendwo anders, sei es von irgendeinem Festival oder einem Museum. Das sind immer so Impulse, die dann irgendwo kommen und die musste ich mir irgendwann mal merken.

Und natürlich, Du machst in einer Agentur viel. Aber in der Agentur ist es mehr so Kommunikation mit anderen, mit Kunden. Ausarbeitung, Powerpoint bauen, visualisieren, Weitermachen. Und das ist ein großer Teil. Aber dann habe ich gemerkt: Nee, die Ideen kommen eigentlich woanders her. Und auch wenn ich Kreativmeetings immer geliebt habe, ich hatte in einem Kreativmeeting noch nie eine richtig gute Idee, glaube ich. Ich  habe Kreativmeetings immer nur als Briefing genommen, was die anderen so ein bisschen denken oder was die, wie heißt dieses Wort? Stakeholder, also das, was die Stakeholder so erwarten. Und damit bin ich dann irgendwie alleine rumgesessen. Ich war nie so der Gruppen kreative. 

Julia: Mittlerweile gibt es auch Studien dazu, zu Brainstorming und so. Eigentlich funktioniert das besser, wenn die Leute erst mal für sich denken und dann ihre Ideen vorbringen. Aber da gibt es auch unterschiedliche Herangehensweisen.

Moritz: Das kann man auch lange diskutieren. Ein Mensch kann keine Messung machen. Deswegen muss man eigentlich die Leute, die da mitarbeiten von Anfang an schon mit dabeihaben, sonst haben die irgendwann keinen Bezug mehr dazu und sie müssen ein Teil dieser Idee sein. Das ist auch eine Aufgabe einer Agentur oder eines Creative Directors, nicht immer die geilste Idee zu machen, sondern auch die Leute bei der Stange zu halten – klingt auch schon wieder so wahnsinnig sklavenhaft – sondern sie mitzunehmen. Jeder muss die Chance haben, irgendwie einen Teil von sich irgendwie da reinzubringen. Und dann hat er auch am Ende Enthusiasmus und Antrieb und Energie, das mitzutragen und geiler zu machen und hin und her. Aber am Ende des Tages. Ich meine, kennst du irgendeinen guten Film, wo mehr als ein, zwei Regisseure dabei waren?

Eine Idee wird nie besser. Was besser wird, ist, wenn du sagst, wir haben eine Idee. Zum Beispiel, wir machen jetzt ein Museum über Zeit und jetzt darf jeder wirklich eine Idee reinbringen, auf die dann Exponate bauen, die alte Einbauten, eine Mikrowelle, die rückwärts läuft und kalt macht. Keiner. Ich weiß es nicht. Aber jetzt kommen so kleine coole Ideen, die den Raum füllen. Aber die Idee zu haben, wir machen ein Museum über Zeit, das muss immer von einer Person kommen, die jetzt ich bin oder jemand anders. Das ist mir immer völlig egal gewesen. Aber das ist immer so eine Krux, dass zehn Leute im Raum hocken und dann hoffen sie, dass wir auf eine einzige Idee kommen. Und das würde auch meiner Ansicht nach funktioniert nie so richtig. Das ist, das muss man auch immer so fixen und so tun, als hätte man gerade jetzt diese Idee, weil jemand was gesagt hat. Aber das ist das klassische Game.

Julia: Ja, eigentlich verkaufst du deine Ideen, dass du aufgrund des Einwurfs auf die Idee kam – so wie du sagst, tragen das alle mit. Ist auch spannend.

Moritz: Manchmal mehr, manchmal weniger. Aber das ist halt einfach in der Agentur ist ein Kreativprozess ein ganz anderer Job als mein Kreativprozess hier bei mir alleine.

Julia: Aber da waren wir ja eigentlich, dass du das gar nicht mehr machst. Wie arbeitest du jetzt? Jetzt arbeitest du alleine, oder?

Moritz: Also ich arbeite immer noch in so Team. Ab und zu hole ich mir Leute für meine Sachen dazu. Es ist gerade sehr wild. Ich habe dieses Jahr auch wieder für Agenturen gearbeitet, wo ich in so ein größeres Team reingeworfen werde. Ob ich die dann leite oder ich unterstütze die. Das ist immer jedes Mal ein anderer Hut, den ich da auf habe.

Ich muss auch vorher mal ganz genau fragen: Was erwartet ihr von mir gerade als Externer? Muss man da einfach so ein bisschen aufpassen oder bzw. auch die Leute abholen, vor die man oder unter die man oder über die man gesetzt wird. Das ist auch immer so ein interessantes Thema. Aber irgendwann kommt man da auch mal rein und weiß einfach: Okay, man muss den ersten Tag auch mit den Leuten einfach sprechen und dann geht es schon.

Wenn ich nur Support bin, dann hocke ich nur da und warte, bis mir jemand was rüberwirft. Es wechselt immer so ein bisschen hin und her und das finde ich aber auch ganz entspannt. Ja, es ist immer mal wieder so ein hin und her wechseln, aber jetzt eben halt durch diese Geschichten, dass ich jetzt also ich entwickle also für Autokonzerne ab und zu inzwischen auch Sachen in der Vorserie. Ich mache inzwischen halt keine Räume mehr und Stories und Museen, wo ich so durchlaufe oder Messestände, wo halt da ein Produkt steht, sondern ich arbeite inzwischen mehr am Produkt. Oder Produkte im Auto oder Experiences, wie fahren ausschauen könnte.

Es kam glücklicherweise auch in Corona, also 2020, da gab es ja im April diese Merkel-Ansprache am 28. April oder März. Ich da bin ich mir ganz sicher. Aber man hat wirklich gemerkt, nach einer Woche sind alle Kommunikation im Raum-Projekte des Jahres einfach weg gewesen. Also die Automotive Paris Messe wurde abgesagt. Es wurde einfach wahnsinnig viel abgesagt. Man hat einfach gemerkt: Okay, ich habe die Projekte. Aber alles, was hätte kommen können, kommt nicht mehr. Und dann habe ich auch kurz mal überlegt: Was mache ich jetzt eigentlich?

Und bevor ich da irgendwie auf einen Punkt kam, wurde ich angerufen von einer Agentur. Da wurde ich irgendwie hin empfohlen. Die haben jemand gesucht, der so ein bisschen Creative Director, ein bisschen Art Director, ein bisschen Designer und ein bisschen Kundensteuern kann für Design im Bereich. Also eigentlich würde ich jetzt grundsätzlich hätte ich jetzt dazu Nein gesagt, weil ich jetzt kein UI-ler bin. Das können andere sehr, sehr gut und auch viel, viel besser. Aber es war Corona. Ich hatte nichts zu tun und hab mir das bei denen mal angehört. Dann haben die mir so ein bisschen erzählt und dann dachte ich: Cool, das klingt ja richtig geil, weil ich wusste nicht, dass es so was gibt. Also dass es so eine Art von Innovation und Entwicklung auf irgendeine Weise gibt. Und dann habe ich denen mein Zeug so ein bisschen gezeigt. Und dann sind wir da mal irgendwie zusammenkommen.

Und jetzt bin ich dadurch seit fünf Jahren so in diese Branche reingerutscht, habe auch andere Agenturen und Kunden irgendwie kennengelernt und ich weiß nicht, ob es da wirklich ein Wort dafür gibt. Es ist in eher Design-Entwicklung auf eine Art und Weise, aber halt mit Technologie-Background. Sei es jetzt mit Interactive, mit KI, mit irgendwelchen hand gesture Dingen oder mit Head Tracking, das alles dreidimensional wird, was ich anschaue. Das hat gar nicht mal irgendwie wirklich den Anspruch, dass es ein Produkt in dem Moment wird. Aber es ist halt eine Exploration und man schaut, was damit gemacht werden kann auf eine Art und Weise. Das klingt jetzt alles sehr flockig. Ich muss da so ein bisschen aufpassen, dass ich jetzt gerade nicht irgendwas erzähle, was ich nicht erzählen darf. Ist denn ein Nachteil von solchen Projekten? Ja, ich hab bisschen Angst, aber das ist im Prinzip, äh, das ist ja der Shift, den ich halt gemacht habe, dass ich jetzt nicht mehr Räume mache und dann in den Räumen Technologie und Kommunikation verorte, sondern ich habe letztes Jahr ein Projekt gemacht. Also ich habe da drei Monate dran gearbeitet und das Ergebnis war so groß, man konnte das irgendwie anschalten. Ich kann nicht sagen, was es war. Und ich habe mir gedacht ja, cool, also so ein Auto ist ja eigentlich auch nur ein kleines Museum. Da kann man mit Licht viel machen, da kann man mit Displays viel machen oder mit LED mit Geräuschen mit. Aber da gibt es 1000 Möglichkeiten, anders zu kommunizieren. Wenn man mal das Display wegnimmt.

Julia: Das finde ich total lustig. Die Grundidee von meinem Podcast war immer die Frage: Wie kann Neues entstehen?

Und wenn ich dir so zuhöre, hört sich halt so an, als hättest du jetzt deine total coole kleine Nische gefunden, wo du einfach explorativ ausprobieren kannst. Aber ich habe so verstanden, ohne dass jetzt jemand erwartet, dass genau was rauskommt.

Also hast du jetzt gerade so die Freiheit, einfach auszuprobieren? Und hast du da, also was ich auch immer so spannend finde: Welche Rolle spielt dann Geld? Das hört sich so an, als hättest du jetzt nicht so einen krassen Finanzdruck, weil oft, gerade bei einer Messe, hast du ja dann doch so ein Budget und da musst du irgendwie alles reinkriegen. Hört sich jetzt gerade so an, als könntest du einfach mal frei explorieren und ausprobieren.

Moritz: Äh, ja. Es kommt. Ich muss schon ein Ergebnis abliefern. Und es muss auch nachvollziehbar sein, auf eine Art und Weise. Und ich kann nicht einfach nur sagen: Geht nicht, weil ich will nicht, sondern ich muss genau erklären, warum es nicht ging. Diese Arbeitsweise musste ich mir auch mal angewöhnen, um auch Fehler prozessmäßig irgendwie aufzuschreiben und daraus eine Geschichte zu bauen. Und eben geldtechnisch, muss ich sagen: Äh, es ist anders. Ja. Anders. Also, so klassische Designagenturen. Da war noch nie viel Geld, würde ich behaupten als Freelancer. Also wenn man alleine mal so unabhängig von mir, ich bin ja so zwischen Design und Technologie, also kann man es einfach mal googlen. Such dir mal den Tagessatz von einem Art Director zehn Jahre Berufserfahrung, und dann such dir mal den Tagessatz von einem Informatiker mit einem Jahr.

Julia: Nee, ich meinte eher. Also es hört sich ja schon nach einem Traumjob an und du kannst einfach ausprobieren und gucken und explorieren und deine Sachen machen und aber dass auch die deiner Auftraggeber dir quasi diese Freiheit geben und das einfach cool finden. Weil manchmal muss man erst mal ausprobieren, bevor man weiß, was funktioniert und was neu sein könnte.

Moritz: Also es ist meistens schon alles so richtig zielführend auf irgendeine Art und Weise. Also meistens geht es jetzt in vielen Fällen darum, dass du halt dem User oder dem Kunden oder was auch immer irgendeine Art von Experience an die Hand geben möchtest, was seinen Aufenthalt zu einem Mehrwert macht, sich halt positiv mit dieser Marke verknüpft. Das kann man in meinem Fall früher halt, weil es Kommunikation im Raum. Also der Besucher betritt diesen Raum und er muss sofort merken, er ist jetzt bei Marke XY, die machen so geiles Zeug, hier will er bleiben und er saugt so viel auf und geht dann praktisch. Das ist dieses klassische Marketingwort, aufgeladen nach Hause.

Es ist also, wenn ich jedes Mal 10 € bekomme, wenn ich diesen Satz hör: Moritz, denk dran, der Besucher muss aufgeladen nach Hause gehen. Na klar, wie denn? Sonst wäre er doof. Und es ist das Prinzip. Gilt aber bei dem anderen Berufen genauso. Also es ist immer ein ähnliches Ziel. Nur die Frage ist wie komme ich hin?

Und natürlich, wenn ich jetzt sage: Also wenn ich jetzt die ersten paar Male mehrmals gesagt hätte, okay, ich habe jetzt einen Monat dran gearbeitet, es funktioniert nicht, das auch nicht, das auch nicht. Dann hast du irgendwann auch keinen Plan und bist raus. Logisch. Ich muss da schon sehr, sehr genau sein und auch selber überlegen, was ich daraus noch machen könnte. Und das tolle ist ja, das ist ja einfach Technologie. Es baut eins nach dem anderen irgendwo immer wieder auf. Es ist eine wahnsinnig kreative Arbeit, weil man auch schaut, was hat was, was kommt daraus? Was kann ich mit dieser Technik ganz Neues machen, auf irgendeine Art und Weise? Deswegen. Also auf der anderen Seite hat man halt den Druck. Man muss sich immer um neue Sachen kümmern. Also ich würde mal sagen, 30 % meiner Arbeitszeit ist auch die Recherche für den nächsten Schritt. Sage ich jetzt einfach mal, was passiert da gerade in dem Bereich?

Genau, dann Ergebnisse formulieren, dann auch selber mal bewerten. Ist es gerade cool, was ich hier mache? Gibt es ein Mehrwert für irgendetwas, sei es jetzt auch nur fürs Marketing? Der Job ist gar nicht mal so anders. Es ist eher nur, es ist freier. Und es ist noch immer sehr unterschiedlich, wie diese Themen kommen. Man kann auch mal sagen okay, dann ist deine Aufgabe jetzt kommunikation mit Licht. Das kann jetzt ja alles bedeuten. Da muss man sich selber auch immer so ein bisschen einschränken, man muss sich erst mal konzeptionell selber so kleine Sandkästen bauen, verschiedene Spielsachen reinlegen und dann sich mal zwei Tage hinsetzen und spielen und dann wieder aufstehen und gucken, was habe ich denn gerade gebaut, was ist denn da dabei rumgekommen?

Das muss man dann auch ordentlich kommunizieren, auch in einer schönen Powerpoint. Also es hört sich sehr wild an, aber am Ende des Tages bin ich so ein bisschen Erfinder geworden.

Julia: Ja, ich find’s gut. Ich hab‘ auch das Gefühl, dass irgendwie alle Leute, die ich interviewe, irgendwie auch ein bisschen Spielkinder sind, die einfach ausprobieren wollen und sich auch nicht so von Geld leiten lassen.

Also bei dir habe ich vorher auch gehört. dass eigentlich Geld für dich gar nicht der Antrieb ist, sondern eigentlich das was cooles schaffen. Und jetzt aber zwei Fragen dazu:

Wie schaffst du es denn so zu spüren, ob das gut ist? Ist das einfach so ein Gefühl oder gehst du da kritisch rein? Wie gehst du da rein und wie machst du das?

Moritz: Das Ding ist so ein bisschen: Ich habe, glaube ich, immer schon so die Eigenart gehabt, dass ich sehr, sehr viele Sachen sehe und aufnehme. Also das ist irgendwie so in meinem Freundes- und Bekannten.Designer-Kreis irgendwie so der Running Gag: Man kann mir nichts mehr schicken, weil ich es eh schon kenne. Das stimmt auch, aber mir bitte weiter Sachen schicken. Manchmal kenne ich es nicht und lieber kriege ich am Tag 20 Sachen geschickt, von der ich eine nicht kenne. Hat sich schon gelohnt. Aber es ist schon wirklich so, dass ich viel Zeit in so Technologie-Designkreisen bekomme und mitmische auch. Und dadurch merkt man ja, wenn man etwas gemacht hat, ob es originär ist. Also das Wichtigste ist glaube ich für mich in meiner Arbeit ist originär sein. Und originär wird man nur, wenn man es wirklich selber entwickelt hat, von Grund auf  auf irgendeine Art und Weise.

Also das ist dieses klassische Ding, was auch in manchen Designbüros oder Agenturen einfach passiert. Ich kenne jetzt nicht viele, aber man weiß, dass es so ist. Da ist ein Kreativmeeting eigentlich nur ein Pinterest Board. Man sucht sich raus, was man schön findet und macht genau das. Das ist sicher in manchen Bereichen auch völlig legitim, aber das ist was, zum Beispiel, wo ich einfach sage, dann braucht man halt keinen Designer dafür. Also dann habe ich meinen Beruf, dann ist der falsche Beruf irgendwie ausgewählt worden. Und daher eben zu explorieren oder Sachen neu zu verknüpfen ist ja eben gerade Kreativität. Also keiner weiß genau, was Kreativität eigentlich bedeutet, wie das im Kopf funktioniert. Man ist sich nur sehr, sehr sicher, dass, um kreativ zu sein, musst du erst mal viele Sachen kennen und die dann wieder neu verknüpfen. Also eigentlich ist er gar nichts neu, sondern einfach nur alles immer wieder. Und wenn ich remixen möchte, muss ich viel kennen. Das ist so ein bisschen wie so ein Hip Hop Produzent, wenn er seine Samples macht und seine eigenen Beats. Der erst mal auch ganz, ganz viel Musik kennen, um sich daraus Sachen zusammenzubauen. Und so funktioniert meiner Ansicht nach Kreativität. Du bist immer von neuen Dingen beeinflusst. Der Mensch ist an sich beeinflussbar von Eindrücken. Sei es jetzt hören, sehen, fühlen, schmecken. Etwas, das ihm toll gefällt. Das wiederholt er und er denkt ja auch mal irgendwann wieder dran. Und so ist, glaube ich, das Leben eines Kreativen. Wenn man es halt professionell macht, muss man halt einfach genau selektieren, was man wann wo sieht und sich dafür merken auf eigene Art und Weise.

Julia: Und hattest du schon mal so eine Phase, wo du das nicht gut konntest?

Kenne ich auch von anderen Kreativen, die dann sagen: Hey, ich kann irgendwie nicht so und ich komm nicht in so ein Flow, ich habe keine Muse, ich bin so am Abarbeiten.

Also wie machst du das, dass du dir das so behältst? Oder hattest du schon mal Phasen, wo du das nicht hattest? Und was hast du dann gemacht? Also ist nicht auch spannend? Wie kriegst du es hin, kreativ zu bleiben?

Moritz: Also das ist sehr interessant. Ich hab‘ das noch nicht gehabt.

Es liegt vielleicht daran, dass ich gegen das Doing und den Papierkrieg im Hintergrund so viel Aversionen habe, dass ich den Moment, frei zu arbeiten und frei zu denken, einfach so liebe, dass ich, wenn ich weiß: Okay, jetzt kann ich einfach mal einen Tag lang, da muss ich nichts machen eigentlich – ich muss nur eine Idee haben. Das entspannt mich sehr.

Man kann es und ja, kann ich. Also ich hab da denkt er auch mal immer wieder mal drüber nach und es wurde mir auch schon zwei, drei mal gesagt Moritz, du wirst auch mal älter, dann hast du auch mal keine Idee mehr. Ich warte drauf. Also das ist es, wurde mir vor 20 Jahren gesagt. Ähm, bisher hat immer noch alles sehr gut funktioniert. Es liegt aber ich glaube auch ein bisschen daran, dass ich halt immer mich damit beschäftige und halt einfach auch viele Dinge im Hinterkopf hab oder halt in meiner Schublade. Und irgendwann hat man ja auch so ein bisschen. Also. Etwas richtig. Jetzt also etwas komplett Neues zu entwickeln. Das passiert auch nur durch Zufall. Also Sachen, die ich manchmal ab und zu mache. Da kommt mal zufällig was Geiles bei raus und zufällig mal auch nicht. Aber da ist auch ein innerer Antrieb und ich habe niemanden, der mir das abnimmt oder sagt am Ende das war es, aber keine gute Idee. Bei den Sachen, wo ich jetzt halt wirklich beruflich viel kreativ arbeiten muss, also Eventkonzeption oder Messekonzeption. Da habe ich jetzt nach und nach, auch wenn ich so krass jung bin nach 15 Jahren einfach ein bisschen Routine. Das ist so, das kann man. Man kann da gar nicht so viel machen auf so einem Messestand. Und: Es ist ein bisschen Routine, einfach auch, welche Ideen wann wie funktionieren, was dem Kunden in dem Moment hilft. Was er kommunizieren möchte, ist ja schon eine Vorgabe. Und daraus kann man ja nicht einfach alles machen, sondern man ist ja schon eingeschränkt. Also eigentlich finde ich, finde ich Kreativität in dem Bereichen Prozess, Arbeit und dadurch, dass es für mich ein Prozess ist, habe ich bisher noch kein Problem gehabt, um kreativ zu sein. Ich habe schon Burnouts gehabt und alles drum und dran natürlich und in der Zeit vielleicht auch nicht gearbeitet. Vielleicht habe ich immer Glück gehabt, dass ich halt immer in guten Momenten so was hatte. Aber ich habe manchmal Tage, wo ich sage ich mache heut nichts Kreatives und heute schreibe ich mal Rechnungen und mache mal irgendwas, schreibt eine Email oder so.

Julia: Das sollte ich dich jetzt fragen, wie du es dann schaffst, weil irgendwie muss man ja trotzdem Admin machen – wie du sagst Rechnungsschreiben, Mails  – das schiebst du dann auch Tage, wo du dich eh nicht so inspiriert fühlst? 

Moritz: Also es kann wirklich mal sein, dass ich morgens halt dran sitze und dann kommt um 11 eine Email und die wird erst am nächsten Tag beantwortet, weil ich einfach genau weiß, wenn ich die jetzt beantworte, bin ich komplett raus.

Julia: Also priorisiert du es im Kopf und sagst: Nee, ich meine den kreativen Flow und das andere mache ich dann, wenn ich nicht so inspiriert bin.

Moritz: Weil das andere nicht relevant für meine Arbeit ist. Das gehört zwar dazu und ich mach das halt auch und es läuft auch ganz gut, aber das macht mir ine einem halben Jahr meine KI. Also das ist die große Idee. Also all das, was ich machen möchte, sehe ich gerade eh bald abgenommen. Ja, oder ist inzwischen auch schon so ein großer Teil von ihr. Also mein Kalender und meine Emails und Inhalte werden alle schon inzwischen vorsortiert seit Wochen. Das wird immer mehr. So und umso mehr kann ich mich auf kreative Prozesse oder Explorationen konzentrieren oder neue und neue Sachen einfach oder mal andere Sachen angucken oder einfach mal mit Leuten irgendwie quatschen. Das ist irgendwie ja Administration.

Aber ich könnte es besser machen. Das ist ja, das ist ja das erste, was ich ganz am Anfang meinte, ganz, ganz am Anfang habe ich ja gesagt, dass ich mich in meiner Situation sehr, sehr glücklich fühle. Und ich weiß auch nicht, wie lange das gut geht. Aber es geht gerade schon seit sechs, sieben Jahren. Gut, dass ich mit Akquise eigentlich noch nie etwas am Hut hatte, Weil ich halt, weil Leute immer irgendwie auf mich zukam oder ich irgendwo hin empfohlen wurde. Na, mal gucken, wie es in fünf Jahren so aussieht. Das kann ja auch schwanken auf irgendeine Art und Weise. Und irgendwann will auch niemand mehr den 50-jährigen Freelancer irgendwo rumsitzen haben

Also im Großen und Ganzen ist das schon die Bemühung, dass ich mich irgendwie so ein bisschen los, also nicht loskapsel. Aber ich muss mehr eigene Dinge machen und ich habe dadurch mehr Kontrolle über alles.

Also ich arbeite auch noch gern mit Agenturen zusammen, weil die mir halt den ganzen Overhead wegnehmen. Also einmal, einmal sitzen da immer gute Leute, mit denen ich von denen auch was lernen kann. Und die übernehmen halt den Overhead, der da immer irgendwie dran ist. Und ich kriege halt mal mein Honorar oder mein Budget oder mein Tagessatz, was auch immer. Und es entspannt mich einfach wahnsinnig, wenn ich weiß, im Hintergrund macht das alles jemand anders, kümmert sich da um Dinge und Termine und Abgaben und ich bin dann irgendwas erinnert. Das ist mir aktuell noch viel, viel angenehmer, als jetzt komplett selbstständig zu werden, oder? Ich gebe auch sicher mal irgendwann die letzten Jahre gab es immer wieder auch mal die Überlegung, eine eigene Agentur aufzumachen oder für meine Projekte noch mal Leute dazuzuholen. Aber da habe ich in der Agentur einfach gelernt ich möchte diese Verantwortung gar nicht haben. Also das ist ich habe da höchsten Respekt vor Managern oder Geschäftsführern, die einfach alle auch viele Leute haben um. Das ist ich. Ich könnte das nicht. Habe ich gemerkt. Nicht auf diese Art und Weise. Und deswegen habe ich gemerkt. Ja, ich für mich alleine bin ein richtiger. Wenn ich Leute dazu hole, sind es Freelancer. Um die muss ich mich nicht kümmern. Die kriegen halt Arbeit und bestimmen uns ab. Und wenn das Projekt vorbei ist, haben sie wieder einen anderen Job. Und wenn du aber eine Agentur führst und mal im Monat ein Kunde reinkommt? Ich könnte nicht schlafen. Ich wüsste einfach, das ist. Diesen Druck würde ich nicht aushalten. Und dann wäre ich wahrscheinlich auch nicht mehr kreativ, ehrlich gesagt.

Julia: Also hältst du dir den Druck auch fern, damit du so kreativ bleiben kannst, oder?

Moritz: Also ich habe schon schon Druck, aber was ich nicht habe, ist Personal-Druck. Also ich habe den Druck nur für mich und eben nicht für andere. Und das meine ich. Andere können das ganz anders. Die sagen nur: Ich liebe meine Mitarbeiter. Und ja, ihr habt auch viele Leute, die für mich arbeiten, die ich leite und irgendwas macht. Das finde ich auch eine tolle Eigenschaft, die braucht es auch.

Aber ich selber habe für mich gemerkt, dass ich das mich das zulasten der Arbeit ablenkt. Menschen lenken mich von der Arbeit ab. Na das hört sich schrecklich an für mich. Kleines Kellerkind, was total asozial irgendwie sein Design durchzieht und mit niemandem darüber redet und nee, nee, also.

Julia: Ein Teil von dir ist sicher ein bisschen so. Du hast ja auch vorher gesagt, dass all dieser Admin-Kram dich ja auch ein bisschen ablenkt von Kreativität. Und das ist ja was, Du hast ja schon eine andere Verantwortung, wenn du Menschen führst und ihre Gehälter zahlst.

Moritz: Also mein letzter Job bei einer Agentur war halt damals, wo wir uns kennengelernt haben. Am Ende war ich halt der mit der Powerpoint und bin halt jede Woche zweimal zum Kunden gefahren. Hab eine Powerpoint dabei gehabt, die im besten Fall dann jemand anders noch irgendwie gefüllt hatte und ich musste diesen Shit verkaufen. Also ich jetzt nicht, aber ich musste immer verkaufen, Da habe ich mich halt gar nicht mehr gesehen. Also null, Das war so nicht meins. Wie langweilig ist das denn? Ja, und dann kommst du irgendwie zurück. Dann musst du deinem Team sagen: Hey, der fand das nicht gut. Wir müssen das neu machen und das neu machen. Dann sind die alle unmotiviert und ich musste ja noch motivieren. Völlig richtig, das ist auch die Aufgabe eines Teamleiters. Aber ich hab halt gemerkt, ich kann das, aber es schlaucht mich so, also es ist mir zu viel Energie, dass ich meinen anderen Job noch machen konnte und dann waren eh so ein paar Dinge, wo ich einfach gemerkt habe, ich muss was Neues probieren, ich muss kündigen. War ja keine Idee von mir, das ist ja durch Zufall auch wieder passiert. Also das war ja alles gar nicht geplant.

Julia: Aber dazu noch zwei Fragen. Also 1. das mit dem Burnout, das hast du nur kurz angesprochen, können wir auch wieder rausnehmen.

Moritz: Ganz wichtig: Also ich hatte kein Burnout in dem Sinne, der diagnostiziert war. Dann habe ich mir selber diagnostiziert, ich war einfach fix und fertig, ich hatte ein halbes Jahr lang schlechte Laune. Ich habe beschissen geschlafen. Ich wollte abends keine Freunde mehr treffen. Ich bin halt morgens aufgestanden, in die Agentur gegangen, habe einen Messestand gemacht, mich mit Leuten rum gestritten, bin abends nach Hause.

Habe auch gemerkt, ich gefalle mir selber grad gar nicht mehr. Das liegt an niemandem anderen und es liegt nur an mir und ich muss was ändern. Und das, was ich ändern möchte, kann ich in dieser Agentur nicht ändern, weil wir sonst einen anderen Namen hätten, nur noch nachts arbeiten würden und 20 Leute rausfliegen und 40 neue eingestellt werden und wir dann auf einmal ein Schwimmbad hätten.

Also ich habe halt gemerkt, okay, um was eigenes zu machen, kann ich nicht erwarten, dass sich meine Umgebung ändert. Meine Umgebung war zudem halt einfach schon seit 25 Jahren eine sehr gut geführte Designagentur. Warum sollten wir jetzt was ändern, nur weil der Moritz wieder ein Problem hat? Und da habe ich einfach gemerkt, da muss ich jetzt einfach raus auf eine andere Art und Weise. Und dann hab ich gekündigt und war dann erstmal so: Okay, was mache ich denn jetzt?

Und dann bin ich ab ich nach Afrika. Dann bin ich ein halbes Jahr in Kapstadt rum rumgehangen, habe Leute getroffen Da war ich beim Pinguin Strand, fahrradfahren, campen, einfach mal ein halbes Jahr lang raus. Und dann kam ich zurück und da wusste ich gar nicht, was ich machen soll. Ich saß dann irgendwie eine Woche rum und hab mich mit Freunden getroffen und erst mal gar nicht an Arbeit gedacht, weil ich gemerkt habe, ich kann gar nicht mehr in die Agentur. Also dasist mein Innerstes ist so dagegen, dass ich jetzt wieder in so eine Agentur sitze und ich wusste gar nicht, warum.

Und dann hat ein befreundetes Architekturbüro angerufen, die ich halt damals noch von diesen ganzen Projekten kannte und die haben gesagt: Hey, Moritz, wir haben gehört, du freelancest. Ist das so, seit wann denn? Und ich so: Seit heute. Was machen wir?

Und da war das so mein erster Kunde und oder mein erster Auftraggeber. Und dann habe ich für meine alte Agentur mal wieder mal ein bisschen was gemacht, dann für die. Und dann ist es immer so stetig gewachsen und auch mal weniger gewesen Und auch wieder ganz neue Agenturen und ganz andere Projekte. Dann noch mal so kurz Richtung Werbung, aber das war dann nicht so erfüllend. Aber wie gesagt, Burnout hatte ich keinen, weil er nicht diagnostiziert war. Vom Gefühl her habe ich immer die Schnauze voll gehabt deswegen. Also das streich mir das Wort Burnout und sag „Schnauze voll gehabt“. 

Julia: Aber was ich schon spannend fand, dass es sich einfach so anhört, als wäre es einfach so organisch entstanden. Also das Gefühl, das passt. Du gehst. Du machst was anderes, ohne zu wissen, was kommt.

Ist ja auch für mich eigentlich so, dieses Explorative, das hab ich jetzt auch schon von paar Leuten gehört, dass die halt, wenn du irgendwo hingehst mit einem Plan, da kann ja nichts Neues entstehen als musst du dich ja erst mal freimachen, um zu schauen, was passieren kann. Und dann kam es ja eigentlich auch wieder.

Schön, wie alle auf dich zukam und das dann so gewachsen ist. Also deine Projekte sind gewachsen. Irgendwann kam Corona. Du machst jetzt einen inhaltlichen Shift, der für dich viel cooler ist, weil besser bezahlt und weil anders kreativ. Also irgendwie ist ja auch schön, wie sich alles so zusammenwächst bei dir.

Moritz: Also besser bezahlt gar nicht mal, aber auch nicht schlechter bezahlt. Ja, das ist anders. Also das ist ja besser bezahlt. Es ist auch eine andere Art von Arbeit, eine andere Arbeitsaufteilung. Am Anfang hatte ich mehr Stress, weil ich diesen Beruf einfach nicht kannte. Alle waren um mich rum, Leute, die machen es seit Jahren und ich kam da rein als Messe-, Kunstmuseums-Konzeptioner. Du musst auf einmal löten. Ich musste nicht löten, ich wollte lernen. Also das ist so ein bisschen auch gewachsen und ich mach das jetzt seit fünf Jahren. Jetzt würde ich sagen, ich bin drin, ich habe ja alles verstanden. Man kann ja gut adaptieren, wenn man aus einem Kreativbereich kommt. Aber am Anfang war das schon so ein bisschen anstrengender, weil ich null Routine hatte. Und ich kam auch gar nicht damit zurecht, dass ich kein Ergebnis hatte. Also ich habe jetzt hier was gemacht, aber es funktioniert nicht. Äh, ja. Okay. Cool. Danke. Nächstes Ding. Nicht so wie: Danke. Und das ist es. Das war eine Erfahrung, wo ich gemerkt habe, okay, es muss ja nicht alles immer, also braucht nicht alles eine Deadline. manchen Sachen kommt ja auch mal ein Patent hinten raus. Und zwar nicht meins. Das kommt im Konzern natürlich. Aber sie können ja sagen: geht jetzt diese neue Technologie? Wir machen damit irgendwas, melden damit ein Patent an, weil wenn in fünf Jahren die Technologie marktreif ist, haben wir ein Patent dafür. Weil es ist gar nicht mal so Friede, Freude, Eierkuchen. Wir probieren mal ein bisschen rum, sondern die haben schon so einen harten Business-Gedanken dahinter und deswegen hier auch so Exploration mit neuen Technologien.

Julia: Aber du hast in diesem harten Business so ein bisschen eine Insel, wo du spielen kannst, ausprobieren kannst?

Moritz: Erfinden kannst? Ja, also ich nenne es spielen. Ich würde es vom Kunden jetzt nicht spielen nennen… Das müssen wir gar nicht streichen. Ich hab halt nur das Glück, dass mir dieser Job sehr, sehr viel Spaß macht. Das kann sich aber auch in zwei, drei Jahren wieder ändern. Das ist ja immer so.

Julia: Jetzt Moritz, doch noch zwei Sachen. Gibt es irgendwie rückblickend irgendwas, was du gern gewusst hätte oder was du gerne vielleicht doch anders gemacht hättest? Also wenn du so zurückschaust. Gibt es irgendwas, was du vorher gerne gewusst hat, das oder vielleicht sogar anders gemacht hättest?

Moritz: Nö, also nicht.

Julia: Fühlt sich auch so sehr im Flow an bei dir.

Moritz: Nein, es war schon alles so richtig. Es ist interessant. Ich bin jetzt in Valencia. Unter anderem, weil ich auch hierher wollte, um mich mal so richtig zu langweilen. Da hab ich dummerweise ein paar coole Jobs, zu denen ich eigentlich allen nicht nein sagen konnte und arbeite hier gerade mehr als letztes Jahr in Deutschland. Aber das war so ein bisschen meine Idee, mich hier mal richtig zu langweilen, um mal eine andere Idee zu bekommen, was ich sonst noch so machen könnte oder neue Sachen zu explorieren. Es hat nicht funktioniert, weil ich gerade wirklich 40 Stunden arbeite. Ich hock grade wirklich viel am Arbeiten, aber es macht auch wieder Spaß. Na ja, eigentlich nicht, weil. Weil. Auch die Zeit, die ich halt hatte in den Agenturen, wo ich halt mal meine 60, 70 Stunden Woche irgendwie hatte oder irgendwie vier Tage nicht geschlafen habe, weil wir vor Ort eine Messe aufgebaut haben. Das hat sich hinten raus alles gelohnt. Das sind alles Sachen, wo ich unglaublich viel gelernt habe, tolle Menschen kennengelernt habe und auch gelernt habe, unter Druck zu arbeiten. Das ist irgendwie Stress. Wer einmal eine Messe gemacht hat, den Stress danach nichts mehr.

Ich habe nie wieder Projekte erlebt, die anstrengender sind als Messe. So ist es einfach. Das ist. Das heißt ja nicht, dass Messe doof ist, aber das ist irgendwie so eine Königsdisziplin, wo auf einen Tag alles funktionieren muss.

Irgendwann kriegt man also eine Routine auf irgendeine Art und Weise.

Ich kenne auch viele, die direkt nach dem Studium Freelancer geworden sind. Hmmm. Da bin ich froh, dass es bei mir nicht so war. Weil das hätte ich niemals geschafft. Dafür fehlt mir komplett die Eigenschaft, auch eigene Kunden herzuholen. Ich bin super mies in Akquise. Ich kann Akquise nicht. Ich weiß nicht mal, ich kann das Wort nicht mal buchstabieren. Und da bin ich halt einfach wahnsinnig glücklich, dass ich halt durch meine Agenturzeit und auch durch viele coole Kontakte und Empfehlungen da halt wieder so reingerutscht bin. Deswegen kann ich es eben nicht bereuen, Zeit in der coolen Agentur verbracht zu haben, weil es einfach so viel hinten raus war und die mehr Arbeitszeit, die mehr Arbeitszeit war. Ja gut, die war halt so! Also ich glaube heutzutage ist es nicht mehr so.

Julia: Es hat ja auch Spaß gemacht, oder? Du wolltest das ja.

Moritz: Nö. Das gab es vielleicht mal ein, zwei Momente, wo ich was machen musste, was ich nicht wollte. Und das ist in zehn Jahren Agenturzeit. Schon krass. Also, dass ich mich überreden musste.

Ich wurde mal ganz am Anfang auf meine Arbeitszeiten angesprochen: Moritz, es kann nicht sein, dass du hier erst um 10:00 reinläuft. Da hab‘ ich gesagt: Völlig nachvollziehbar. Aber wenn ich um neun komme, gehe ich um sechs. Da wurde so ein bisschen diskutiert und dann war das nie wieder Thema. Und das habe ich auch ernst gemeint. Also wenn, wenn ich schon mehr als acht Stunden will, wenn schon so viel Arbeit von mir erwartet wird, dann bitte zu meiner Zeit. Und vor zehn ist eh nie was passiert.

Ich habe da auch schon Freiheiten gehabt und die habe ich mir vielleicht auch irgendwie erarbeitet mit meinen Nachtschichten oder mit den Sachen, die wir im Team gemacht haben. Da habe ich gar nicht so viel drüber nachgedacht. Aber ja, diesen Moment gab es mal, aber dann dachte ich so: Nee, also wenn ich um neun da sein muss, wenn ich eine Uhrzeit habe, wo ich kommen muss oder wo ich gehen muss.

Julia: Ja, aber das wäre auch wieder ein anderes Thema. Also ich finde, das ist jetzt auch noch viel mehr gekommen den letzten 15 Jahren. Aber dass man halt mehr auf die persönlichen Rhythmen der Leute eingeht. Der eine wird der Frühaufsteher, der andere nicht. In der Schweiz arbeite ich total oft mit Leuten, die schon um sechs am Rechner sitzen. Finde ich gar nicht so schlimm. Aber jeder ist halt anders. Jeder arbeitet halt einfach anders.

Moritz: Genau. Und gerade in der Kreativagentur können starre Zeiten nicht funktionieren. Heutzutage vielleicht inzwischen besser. Und man muss ja auch sagen, das ist, das ist auch Design. Büros haben sich auch so ein bisschen gewandelt, also ist alles ein bisschen ruhiger geworden, dieses wilde, Kreative, so eine Nacht vor der Abgabe.

Ich hab eine neue Idee macht man wirklich nicht mehr, weil was bringt es oder wem bringt es irgendwas? Wir haben es damals halt immer noch gemacht. Man muss halt selber noch Überstunden reingeballert und haben Spaß dabei gehabt. Aber völlig cool.

Auf der anderen Seite sehe ich jetzt diese neue Generation, die da kommt und finde es aber genauso cool von denen auch, dass sie geht, die machen ja keine schlechtere Arbeit. Also ich sehe hier nicht schlechtere Arbeit von Agenturen, die halt doch ihre Zeit um fünf haben oder wo die Hälfte der Belegschaft im Homeoffice sitzt, Da kommt immer noch sehr gute Arbeit raus. Aber es ist halt eine andere Arbeitsweise. Anders, aber definitiv nicht falsch. Ich würde niemandem, keinem jungen Designer würde ich sagen: Hey, ich habe das damals so machen müssen, das musst du genauso machen. Also bitte, das ist jetzt so Verbitterung.

Julia: Wenn man so was sagt, finde ich das auch ein bisschen wie Neid – ich weiß, wie es ist. Ich musste dafür kämpfen.

Moritz: Genau. Aber das ist doch. Das ist doch eigentlich Idee der Gesellschaft, dass es unseren Kindern oder jüngeren Menschen immer, immer besser geht. Ja, aber unser Alter. Warum sollte jetzt ein junger Student genau den gleichen Job machen? Warum sollte er auch so arbeiten müssen, wie ich gearbeitet habe, wenn es nicht genau das ist?

Julia: Ich finde ja auch so, man muss auch wieder vom technologischen Fortschritt sagen. Wir haben viel mehr Tools als vor 20 Jahren. Eigentlich müssten wir ja auch weniger arbeiten eigentlich. Oder halt anders arbeiten. Man muss ja nicht mehr, keine Ahnung – früher habe ich noch Sachen transkribiert – das muss ich doch heute nicht mehr. Es ist einfach anders geworden.

Moritz: Ja, also ich kenne es auch so ein bisschen aus meinem Praktikumszeit. Die E-Mail war da halt eher so das neue heiße Ding. Gerade erst hat Amazon noch mal Faxe verschickt und ich habe damals in einem Team mit vier, fünf Leuten gearbeitet und wir haben in einem halben Jahr einen Messestand gemacht. Diese Frequenz war nie wieder so gering wie damals. Also am Ende des Tages haben wir, also als ich dann noch da war, haben wir im Team mit vier, fünf Leuten haben wir parallel drei Messestände gehabt und noch mal so zwei, drei kleine Pitches. Also die Frequenz an den Projekten ist auch in meiner Zeit immer höher geworden. Also das ist muss man sich auch mal überlegen, macht es gerade Sinn? Kommen daher vielleicht diese ganzen Burn Out oder sind wir alle möglichen verweichlicht?

Julia: Ich glaube auch, dass wir so eine Nervensystem-Kreislauf. Irgendwann kann das Gehirn also manches nicht mehr filtern. Man braucht halt eher Ausgleich, wenn überall alles einprasselt. Aber das ist wieder ein anderes Thema.

Moritz: Ich persönlich mache das halt so: Wenn ich kreativ arbeite, sind meine Emails aus.  Mein Steuerberater ist geblockt. Jeder, jeder ist geblockt.

Volle Unordnung in der Agentur geht nicht. Ja, das heißt ich glaube, wenn du das jetzt nicht genau so bist du dauer-erreichbar. Du bist immer ansprechbar. Na gut, ich habe jetzt andere Nachteile. Also wenn ich in der Agentur im Urlaub in Urlaub gegangen bin und kam zurück, ist im besten Fall weitergearbeitet worden oder weiter gedacht worden bin ich jetzt. Ich habe ja auch seit sechs keinen Urlaub mehr so richtig gehabt, also nie wirklich so länger als eine Woche mal komplett frei oder zumindest im Kopf. Jetzt ist es so, wenn ich jetzt bin ich ja schon, also ich habe auch mal drei Wochen nichts gemacht, aber dann habe ich keinen Urlaub da geplant und habe dann meine Sachen weitergearbeitet. Also das ist so dieses wirklich mal eine Woche am Strand, ohne Handy, ohne Computer, das hatte ich schon seit Afrika nicht mehr.

Julia: Also willst du das? Fehlt dir das?

Moritz: Ich weiß nicht. Ich kenne es gar nicht mehr. Ehrlich gesagt, es müsste mich jetzt jemand dazu zwingen, glaube ich. Würde ich auch mitmachen. Aber solange mich jetzt niemand in meinem nahen Umfeld, der die Macht dazu hätte, mich dazu zu zwingen, es nicht tut, mache ich es auch nicht.

Julia: Solange es Dir gut geht. Also wenn du es nicht brauchst, solange du nicht fertig bist und grantig gereizt.

Moritz: Also ich habe heute wieder gemerkt, dass ich einfach ich bin. Ich bin seit drei Monate in Valencia. Und war erst zweimal am Strand? Gut, der ist auch eine halbe Stunde von hier. Mit dem Bus, mit dem Fahrrad, 20 Minuten zu Fuß, 50 Minuten. Hier geht man auch nicht so an Strand. Der Strand ist hier nicht das Geile in Valencia.

Also das ist jetzt auch mehr so eine Analogie. Ich kann mich auch hinsetzen, einfach nur lesen und chatten, auf irgendeine Art und Weise. Also das habe ich jetzt immer noch nicht. Gab diesen klassischen Urlaub früher. Oder der Urlaub eines Festangestellten, so drei Wochen im Sommer. Jetzt geht es nach Ibiza oder nach an die Nordsee oder sonst irgendwohin. Dann auch mal drei Wochen, dann rum und jeder liest.

Es wäre schon wieder super.

Julia: Vielleicht bist du das einfach nicht mehr und vielleicht wirst du dich einfach nicht. Ich weiß es nicht.

Moritz: Ich weiß es nicht. Keine Ahnung. Aber jetzt ist es so, wie es ist. Ist es auch ganz gut, oder?

Julia: Ja, Ich meine, jeder ist ja auch anders. Jeder regeneriert ja auch anders. Okay, aber jetzt mal schauen. Gibt es da irgendwas, was du dir wünschst?

Moritz: Zu meinem Leben oder meiner Arbeit?

Julia: So in deiner Art zu arbeiten. Gibt es das, wo du denkst, darauf hättest du total Bock und du weißt noch gar nicht, ob es das ist.

Moritz: Also dieses KI Thema. Das ist halt gerade das, was mich am meisten auf irgendeine Art und Weise beschäftigt, wie wir in zwei Jahren arbeiten werden, wie wir in drei Jahren arbeiten. Wenn wir überhaupt noch arbeiten können. Da reden bereits sehr, sehr viele Menschen drüber. Ich glaube, das wird auch passieren. Nur die Frage, wie es passiert, wird sehr, sehr spannend. Also ich will gar nicht darüber nachdenken, was ich in drei Jahren mache, weil ich glaube, es wird in drei Jahren ganz anders aussehen und Art und Weise. Ich würde mir wünschen, dass sie es hinkriegen, dass wir Menschen es hinkriegen, nicht mehr arbeiten zu müssen, wenn es möglich wäre.

Julia: Meinst du, dass die Menschen es nicht hinkriegen?

Moritz: Ich würde sagen: Also, ich würde es hinkriegen. Ja, ja, klar.

Ich würde alles genauso weitermachen wie bisher, aber ohne Kunden. Also wir reden wir mal von KI. Also eine Intelligenz, die die normalen Arbeiter ersetzt. Und dann irgendwie weitergedacht auf irgendeine Art und Weise. Wenn es in zwei, drei Jahren irgendwie aufpoppt und langsam anfängt, wird es richtig hart. Weil es werden ganz wenige Menschen erst ihre Jobs verlieren, dann werden die nächsten ihre Jobs verlieren und irgendwann hab ich eine Arbeitslosenquote von 30 % und das wird erst mal eine Vollkatastrophe. Deswegen bin ich ja der Meinung so schnell wie möglich das Ding durchziehen. Also jetzt. Wer gerade sagt, wir sollten einmal so ein bisschen pausieren: No. Vollgas. Also das ist so, es fängt halt schon an, ich weiß nicht, ob du in einem Bekanntenkreis Übersetzer hast oder Texte.

Julia: Ja, aber die sind jetzt schon lange keine Übersetzer mehr. Logischerweise.

Moritz: Genau. Und jetzt seit zwei, drei Jahren würde ich mal sagen: Übersetzer, Texter. Seit einem halben Jahr ist die Qualität irgendwo anders, vor allem bei Marketing Texten. Das wird einfach immer immer. Design Sachen funktionieren inzwischen sehr, sehr gut.

Konzeption, die ja nur inhaltlich logisch irgendwie funktionieren muss, können diese Language Models schon supergut machen. Also für mich ist es eine super Unterstützung.

Und weil du nach meinem Wunsch gefragt hast: Mein Wunsch wäre es wirklich, dass wir es schaffen, uns da irgendwie zu arrangieren und irgendwie so ein bedingungsloses Grundeinkommen hinbekommen. Ich weiß nicht, wie, aber das ist, also das ist eine der interessantesten Herausforderungen der nächsten 20 – 45 Jahre Und deswegen kann ich mir gar nichts wünschen, weil ich nicht weiß, wie es werden wird. Glaube ich zumindest.

Wünschen würde ich mir, dass ich mehr Kunst machen darf.

Ich mache ja immer irgendwas. Und dann veröffentliche ich das. Oder nicht? Und manchmal kommt halt ein Projekt, wo ich es anwenden kann. Oder manchmal fragt mich jemand. Ich habe hier eine Party. Kannst du irgendwas machen? Und dann ziehe ich mir irgendwas raus. So läuft das gerade eher auf eine Art und Weise. Und das würde ich vielleicht mal so ein bisschen mehr streamlinen. Also ich muss jetzt auch mein Portfolio mal ordentlich machen. Ich habe gar kein Portfolio. Ich habe seit sieben Jahren kein Portfolio. Allein das zeigt schon, wie meine Akquise funktioniert.

Julia: Einfach super.

Moritz: Aber ich muss trotzdem eins machen, weil ich ja dadurch dann so ein bisschen auch lenken kann, wo es hingeht. Und das ist jetzt genau das ist mein Wunsch, dass ich vielleicht auch mal die nächsten Monate Jahre schaffe, immer mehr zu lenken, wo es hingeht. Aber gerade habe ich das Gefühl auf einem Surfbrett zu stehen und weiß nicht, wo es hingeht. Es kann sehr, sehr spannend sein, aber irgendwann ist es auch so ein bisschen nicht unanstrengend vielleicht. Und daher würde ich mir wünschen, dass ich mehr steuern könnte, vielleicht doch meine Akquise mal irgendwie in Griff krieg, meine Projekte besser kommuniziere. Und solche Sachen. Das hat sich aber jetzt durch diese Vorträge, die ich jetzt für dieses ganze KI Thema die letzten Monate immer wieder mal gehalten habe. Da hab ich schon gemerkt, es hilft sehr, dass andere Leute mich kennenlernen für andere Projekte. Und das muss ich jetzt mal so ein bisschen streamlinen, weil gerade ist es wirklich so, das war jetzt noch nicht oft so, aber wenn jetzt kein Projekt da ist, hocke ich halt rum. Also wenn ich nichts zu tun habe, mache ich halt andere Sachen, bis wieder irgendwas kommt. Und das hat immer bisher sehr, sehr gut funktioniert und es kann auch mal anders laufen. Kann ich mir vorstellen. Irgendwann mal und dann würde ich auch gerne mal irgendwas haben, wo ich dann selbst entscheide: Mache ich das jetzt in diesem Moment?

Julia: Spürst du da manchmal sowas wie Angst oder Unsicherheit, wenn du rum hockst? Oder bist du dann so in deinem Spieltrieb, dass du einfach machst und ausprobierst?

Moritz Angst bisher noch nicht. Also Corona war mal kurz so ein Moment der Unsicherheit. Ja klar, die ist gleich bei jedem Freelance –  natürlich klar das ist gerade am Anfang ist es irgendwie sehr sehr schwierig, wenn man sich noch nicht den richtigen Puffer aufgebaut hat. Wenn man da irgendwie weiß, okay, jetzt Krankenversicherung wird morgen abgebucht und nächsten Monat auch. Und bisher ist noch kein neues Projekt da und das Jahr war schon ganz gut. Aber reicht es hinten raus? Da muss man irgendwie mal so ein bisschen reinkommen. Ich habe jetzt gemerkt, es hilft mir nicht, mir Gedanken zu machen. Es kam bisher immer irgendwas, ist schon immer irgendwie gelaufen.

Also hätte ich jetzt zwei Kinder in der Grundschule, würde ich jetzt in München leben und eine Vier-Zimmer-Wohnung abzubezahlen, würde ich, wäre ich kein Freiberufler und das muss ich halt auch dazu sagen, Da wär ich nicht der Richtige dafür oder müsste mich ganz anders verkaufen oder viel, viel strukturierter und professioneller auftreten. Und wirklich auch meine Kommunikation im Raum Kreative Technologie, Markenkonzeption, ja Beratung. Oder hätte ich so eine Website, die wirklich alles genau erklärt, die könnte ich rumschicken. Also ich müsste und würde natürlich auch mehr Akquise machen, um alles mehr gesteuert zu kriegen. Weil da hätte ich dann eine größere Unsicherheit und da hätte ich jetzt irgendwie im Hinterkopf einen Kredit für 2.000 € im Monat, für irgend so eine Bude in München und Garage, dann wäre ich nicht so entspannt gewesen.

Julia: Und auch noch mal kurz zur Unsicherheit. Also das habe ich auch schon von mehreren gehört. Du sagst einfach, es kommt dann erstmal bringt gar nichts, sich krasse Gedanken zu machen. Du hast deine Zahlen schon im Blick, aber du bist jetzt da auch nicht so, das soll ich keine Ahnung tagelang rumschleppen, sondern du machst es dann einfach – also wie machst du das?

Moritz: Also ich habe so ein bisschen im Blick, was ich brauche in dem Moment und für mich im Alltag. Und das ist eine gewisse Summe. Wenn ich die habe, bin ich entspannt und die ist jetzt nicht, die ist jetzt nicht super gering, aber die ist auch nicht super. Viel weniger als mein Gehalt, mein letztes Gehalt in Festanstellung. Ich muss weniger verdienen als das. Und damit habe ich meine Rente gemacht und mein Leben irgendwie, meine Wohnung bezahlt und meine anderen Sachen, die ich brauche. Und wenn ich den erreicht habe, diesen Standpunkt, dann bin ich entspannt und alles, was on top kommt, ist halt mein Verdienst übers Jahr. Das hat bisher immer so halbwegs gut funktioniert, diese Rechnung und es entspannt einen auch, weil man einfach weiß, okay, jetzt mal rein hypothetisch ein Jahr passiert gar nichts. Dann habe ich vielleicht jetzt inzwischen nach acht Jahren doch irgendwo so einen Puffer, der mich da irgendwie weiterdreht. Und unter uns vielleicht würde es mir auch mal ganz gut tun, weil ich dann auch wieder neue Sachen anfange, weil ich gezwungen werde, wieder neue Kontakte irgendwie mal oder da mal hinzugehen und da mal hinzugehen, weil gerade ist es echt sehr, sehr wild. Das ist so, wie gesagt, ich weigere mich, mich festzulegen, weil sonst fragt man ich mich natürlich nicht mehr, ob ich das kann.

Julia: Moritz, mir macht das Gespräch mit dir total Spaß. Vielen Dank, dass du da warst. Ich war ein bisschen aufgeregt bei der Aufnahme, weil es das erste Online Interview war und sich das dadurch für mich ein bisschen mehr nach Arbeit angefühlt hat und nicht so nach entspannten Zusammensitzen und einfach quatschen. Mega cool.

Wie immer freue ich mich total über Feedback, weil für mich ist das ganze Podcast Projekt ja auch ausprobieren. Einerseits will ich Leuten Mut machen, ihr eigenes Ding zu machen und auf die Beine zu stellen und andererseits ist es natürlich auch ein Ausprobieren. Zum Beispiel wie lang sind die Folgen? Gut. Die erste Folge war ne halbe Stunde lang, die zweite ist jetzt über eine Stunde. Ich glaube, ich könnte mit Moritz noch drei Stunden weiter quatschen. Was würde mir persönlich nie langweilig werden. Ich freue mich einfach, wenn ihr mir ein Feedback schreibt, wenn ihr Anregungen habt und freue mich auch, wenn ihr das nächste Mal wieder zuhört.

 

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